Heft 9+10 / 2014 (September und Oktober 2014)

Abhandlungen

Dipl.-Rechtspfleger Horst Bestelmeyer, Gauting
Die „Raubkunst-Vereinbarung“ im Fall Gurlitt aus betreuungs- und erbrechtlicher Sicht

I. Problemstellung
II. Die „Raubkunst-Vereinbarung“
1. Der Inhalt der Vereinbarung
2.Betreuerhandeln als Voraussetzung für ein genehmigungsbedürftiges Rechtsgeschäft
3. Genehmigungstatbestand des § 1822 Nr. 12 BGB
a) Genehmigungsbedürftigkeit der Vereinbarung
b) Genehmigungsfähigkeit der Vereinbarung
aa) Öffentliche Meinung und Drittinteressen
bb) Staatlicher Zwang und vertragliche Bindung
cc) Einfluss von Gegenleistungen
dd) Befreiung von einem „moralischen Makel“
ee) Verkäuflichkeit der Kunstwerke
ff) Ergebnis: Keine Genehmigungsfähigkeit der Vereinbarung
c) Enges Zeitfenster für die Erteilung der Genehmigung
d)Zeitlicher Verfahrensablauf bei erteilter betreuungsgerichtlicher Genehmigung
4. Genehmigungstatbestand des § 1812 BGB
a) Genehmigungsbedürftigkeit
b) Vorhandensein eines Gegenbetreuers
c) Nichtvorhandensein eines Gegenbetreuers
III.Verfahrensweise der in Betracht kommenden Erbprätendentin
IV. Bindung der Erben
V.Rechtslage bei Wirksamwerden der Vereinbarung noch zu Lebzeiten des Betroffenen
VI. Fazit

ichter am Landgericht Uwe Seifert, Chemnitz
Betreuervergütung: Gilt der Vertrauensgrundsatz doch nicht? – Zugleich eine Besprechung von BGH, Rpfleger 2014, 78 –

1. Ausgangslage

2.Der BGH und die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte

3.Kein Vertrauen in die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ?

4.Das Vertrauen in die obergerichtliche Rechtsprechung ist nicht geschützt

5. Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde?

6. Ausweg für zukünftige Fälle

7. Fazit

Dipl.-Rechtspfleger Heinrich Hellstab, Berlin
Die Entwicklung des Kostenrechts und des Prozess-, Verfahrenskosten- und Beratungshilferechts seit 2012 – im Anschluss an die Beiträge in Rpfleger 2012, 186 und 421 –

A. Anwaltsvergütung

I. Anwaltsgebührenrecht

1. Einigungsgebühr (Nr. 1000, 1003 VV RVG)

2. Mehrere Auftraggeber (Nr. 1008 VV RVG)

3. Verfahrensgebühr (Nr. 3100, 3101 VV RVG)

4.Terminsgebühr (Vorbem. 3 Abs. 3, Nrn. 3104, 3105 VV RVG)

5. Auslagen (Nr. 7008 VV RVG)

II. Vergütungsfestsetzung

1. Einwendungen

B. Kostenfestsetzung im Zivilprozess

1. Kostengrundentscheidung

2. Kostenfestsetzungsverfahren

3. Verzinsung

4. Umsatzsteuer

5. Beschwerdeverfahren

6. Einzelfragen der Erstattbarkeit

a) Allgemeines

b) Auslagen, Privatgutachten, Vorbereitungskosten

c) Vertretungskosten

aa)Anrechnung/Erstattung der Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG, Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG, § 15 a RVG)

bb) sonstige Gebühren

cc) Mehrere Rechtsanwälte

d) Kostenausgleichung

e) Nebenintervenient

f) Vollstreckungskosten

C. Prozesskostenhilfe/Verfahrenskostenhilfe

I. Verfahren

1.Einsatz von Einkommen (§ 115 Abs. 1 ZPO, § 76 FamFG)

2.Einsatz von Vermögen (§ 115 Abs. 3 ZPO, § 76 FamFG)

3.Prozesskostenhilfe für Parteien kraft Amtes usw. (§ 116 ZPO)

4.Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (§ 117 ZPO, § 76 FamFG)

5. Bewilligungsverfahren (§ 118 ZPO, § 77 FamFG)

6. PKH-Bewilligung, Rechtszug (§ 119 ZPO)

7. Änderung der PKH-Bewilligung (§§ 120, 120a ZPO)

8.Beiordnung eines Rechtsanwalts (§ 121 ZPO, § 78 FamFG)

9. Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts

10.Wirkungen der PKH-Bewilligung (§ 122 ZPO, § 76 FamFG)

11.Aufhebung der PKH-Bewilligung (§ 124 ZPO, § 76 FamFG)

12. Beitreibung der Anwaltskosten (§ 126 ZPO)

13. Entscheidung, Beschwerde (§ 127 ZPO, § 76 FamFG)

D. Beratungshilfe

1. Voraussetzungen

2.Nachträgliche Beratungshilfe (§ 4 Abs. 2 S. 4 BerHG a. F./§ 6 Abs. 2 BerHG n. F.)

3. Rechtsbehelf (§ 6 Abs. 2 BerHG a. F./§ 7 BerHG n. F.)

Rechtsanwalt Ralf Engels:
Zwangsverwaltung und Einkommensteuer – kritische Auseinandersetzung mit BFH, Urteil vom 10.2.2015, IX R 23/14 – 525

Rechtsprechung

Rechtspflegerrecht
BGB §§ 738, 2033 Abs. 1 (Abschichtungsvereinbarung, höchstrichterliche Rechtsprechung) OLG Hamm, Beschluss vom 12.11.2013, 15 W 43/13

1. Eine Abschichtungsvereinbarung von Miterben bedarf nicht der notariellen Beurkundung.

2. Die Grundbuchpraxis hat der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu folgen. 

Mit Anmerkung von: Dipl.-Rechtspfleger Horst Bestelmeyer, Gauting 

 

RPflG § 15 Abs. 1 Nr. 5; BGB §§ 894, 1915 Abs. 1 S. 1, § 1821 Abs. 1 Nr. 1; FamFG § 276 Abs. 2 S. 2 (Abwesenheitspfleger, Verfahrenspfleger) LG Halle, Urteil vom 21.3.2014, 4 O 152/13

1. Für die Anordnung einer Abwesenheitspflegschaft für einen Angehörigen eines fremden Staates ist funktionell der Richter zuständig. Eine Pflegschaftsbestellung durch den Rechtspfleger ist unwirksam.

2. Die von einem (unwirksam bestellten) Abwesenheitspfleger erklärte Auflassung über ein Grundstück ist ebenfalls unwirksam. Auch die Genehmigung nach § 1915 Abs. 1, § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB führt nicht dazu, dass die Auflassung wirksam wird. 

Mit Anmerkung von: Rechtsanwalt JU Dr. Harald H. Neumeister, Halle (Saale) 

Sachen- und Grundbuchrecht
BGB § 917 Abs. 1, § 1018 (Grunddienstbarkeit, Verzicht auf Notweg) BGH, Urteil vom 7.3.2014, V ZR 137/13

1. Eine Grunddienstbarkeit des Inhalts, dass auf einen nach § 917 BGB zu duldenden Notweg verzichtet wird, ist im Grundbuch des durch den Verzicht belasteten Grundstücks einzutragen. Aus einer Eintragung im Grundbuch des durch das Notwegrecht belasteten Grundstücks kann sich ein dinglich wirkender Verzicht nicht ergeben.

2. Der Eigentümer eines verbindungslosen Grundstücks kann einen Notweg nicht auch für seinen künftigen Einzelrechtsnachfolger verlangen. 

BGB § 883; GBO §§ 19, 22, 29; GBV § 10 Abs. 1 und 5 (Bedingter Rückauflassungsanspruch) OLG München, Beschluss vom 31.3.2014, 34 Wx 206/13

1. Hat sich der Übergeber eines Grundstücks das übertragbare und vererbliche Recht auf Rückauflassung einer Teilfläche vorbehalten und durch Vormerkung sichern lassen, andererseits die Löschung der Vormerkung für den Fall bewilligt, dass dem Grundbuchamt nicht innerhalb eines Jahres nach dem Tod des Übergebers die Erklärung der Rückauflassung in gesetzlich vorgeschriebener Form vorgelegt wird, so ist diese Bedingung nicht unwirksam. Das Grundbuchamt kann selbst prüfen, ob innerhalb der Frist eine formgültige Rückauflassung erklärt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn zunächst strittig ist, ob die Rückauflassung von einer berechtigten Person erklärt wurde.

2. Ändern die Parteien den vorgemerkten Anspruch dergestalt ab, dass die vorbehaltene Fläche „verschoben“ wird, jedoch eine Teilfläche von der ursprünglichen Vormerkung weiter umfasst ist, kann nicht nur die Reduzierung der Fläche, sondern gleichzeitig auch die bewilligte Extension in der Veränderungsspalte des Grundbuchs vermerkt werden. Der Rang der neu hinzugekommenen Fläche ergibt sich dann aus dem Vermerk in der Veränderungsspalte und der dort in Bezug genommenen Bewilligung. 

 

BGB § 883; GBV §§ 10, 19 (Eine oder mehrere Vormerkungen) OLG Hamm, Beschluss vom 12.3.2014, I-15 W 354/13

Ein schuldrechtlicher Anspruch, der einerseits auf Eigentumsübertragung einer Teilfläche eines Grundstücks, andererseits auf Begründung eines Erbbaurechts an einer weiteren Teilfläche desselben Grundstücks gerichtet ist, kann nur durch die Eintragung von zwei Vormerkungen, die gesondert den jeweiligen Leistungsgegenstand betreffen, im Grundbuch gesichert werden. 

GBO § 12 Abs. 1 Satz 1, 12c Abs. 4 Satz 2; BGB § 1924 Abs. 1, § 2303 Abs. 1 Satz 1, § 2311 Abs. 1 Satz 1, § 2325 Abs. 1 (Grundbucheinsicht des Erben) OLG Düsseldorf, Beschluss vom 4.2.2014, I-3 Wx 15/14

1. Prüft ein gesetzlicher Erbe und Pflichtteils- bzw. Pflichtteilsergänzungsberechtigter nach dem Tode des im Grundbuch eingetragenen Erblassers seine erbrechtlichen Ansprüche (hier: Kind des Erblassers mit Blick auf seine vom Wert des Grundstücks abhängig zu machende Entscheidung, Pflichtteils- oder gar Erbansprüche zu verfolgen), so ergibt sich bereits aus der Darlegung seiner Rechtsposition sein berechtigtes Interesse wirtschaftlicher Art gegenüber dem Erben an der Grundbucheinsicht.

2. Dass sich der – testamentarische – Erbe gegen die Einsicht in das Grundbuch ausgesprochen hat, lässt die verfahrensrechtliche Befugnis des Grundbuchamts, bei Vorliegen der Voraussetzungen dem Gesuch zu entsprechen, unberührt.

BGB §§ 2100, 2111, 2139; GBO §§ 22, 35 Abs. 1, §§ 51, 52 (Berichtigung des Grundbuchs nach dem Tod des Vorerben) OLG München, Beschluss vom 14.3.2014, 34 Wx 502/13

1. Zur Berichtigung des Grundbuchs nach dem Tod des Vorerben.

2. Setzt sich die Nacherbfolge im Weg der dinglichen Surrogation an einem Grundstück(-santeil) fort, das der Vorerbe im Weg der Erbauseinandersetzung aus dem Nachlass erworben hat, so kann nach dem Eintritt des Nacherbfalls die Eigentümereintragung auf den Nacherben berichtigt werden (siehe auch OLG Hamm NJW-RR 2002, 1518). Notwendig ist hierfür regelmäßig ein die Nacherbschaft bekundender Erbschein. 

GBO §§ 29, 32 (Vertretung einer englischen Limited) OLG Nürnberg, Beschluss vom 25.3.2014, 15 W 381/14

1. Die Vertretungsmacht des director oder associate director einer englischen Limited Company kann gegenüber dem Grundbuchamt durch die Bescheinigung eines englischen Notars nachgewiesen werden, der das Bestehen der Gesellschaft und die Vertretungsmacht nach Einsicht in das englische Handelsregister und die dort befindlichen Unterlagen (Memorandum, Articles of association und Protokollbuch) bestätigt.

2. Die Bescheinigung muss nachvollziehbare Angaben zu den tatsächlichen Grundlagen der notariellen Feststellungen enthalten. 

GBO § 19; WEG § 10 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 (Eintragung der Abänderung einer Vereinbarung) OLG München, Beschluss vom 10.3.2014, 34 Wx 512/13

Die Abänderung einer von Wohnungseigentümern getroffenen, im Grundbuch eingetragenen Vereinbarung ist ihrerseits als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eintragungsfähig. Es spielt keine Rolle, dass die Änderungsvereinbarung einseitig widerruflich ist (hier: Nutzung bestimmter Bereiche von Sondernutzungsflächen durch die übrigen Wohnungseigentümer mit entsprechender Kostenregelung). 

WEG § 12 (Zustimmung zur Veräußerung) KG, Beschluss vom 26.5.2014, 1 W 55/14

Macht die Teilungserklärung die Veräußerung des Wohnungseigentums von der Zustimmung des Verwalters mit Ausnahme der Erstveräußerung abhängig, ist diese Ausnahme „verbraucht“, wenn die teilende Eigentümerin eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist und die entstandenen Wohnungseigentumsrechte auf ihre Gesellschafter übertragen werden. Die weitere Veräußerung von einem Gesellschafter auf einen Dritten ist danach zustimmungspflichtig. 

Familien-, Betreuungs- und Vormundschaftsrecht
FamFG § 7 Abs. 2 Nr. 1; BGB §§ 1626, 1631 Abs. 1, § 1632 Abs. 4; GG Art. 6 Abs. 2 Satz 1 (Verbleib des Kindes in einer Pflegefamilie) BGH, Beschluss vom 4.6.2014, XII ZB 353/13

Der Elternteil, dem u. a. das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen worden ist, der aber noch über Teilbereiche des Sorgerechts verfügt, ist in dem von den Pflegeeltern und dem Ergänzungspfleger geführten Verfahren auf Anordnung des Verbleibs des Kindes in der Pflegefamilie nach § 1632 Abs. 4 BGB grundsätzlich zu beteiligen. 

BGB § 1908 b Abs. 1; FamFG § 303 Abs. 2 Nr. 1 (Beschwerdebefugnis naher Angehöriger) BGH, Beschluss vom 7.5.2014, XII ZB 138/13

Die Beschwerdebefugnis naher Angehöriger nach § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG erstreckt sich auch auf eine betreuungsgerichtliche Entscheidung, mit der die Entlassung eines Betreuers nach § 1908 b BGB abgelehnt worden ist (Abgrenzung zu Senatsbeschluss BGHZ 132, 157 = FamRZ 1996, 607). 

FamFG §§ 59, 168 Abs. 1, § 292 Abs. 1; BGB §§ 1836 e, 1908 i Abs. 1 Satz 1 (Rückforderungsansprüche, keine Beschwerdebefugnis des Sozialhilfeträgers) BGH, Beschluss vom 30.4.2014, XII ZB 704/13

Der Sozialhilfeträger, der gegen einen Betreuten Rückforderungsansprüche wegen erbrachter Sozialleistungen geltend macht, ist im Festsetzungsverfahren nach § 292 Abs. 1 i. V. m. § 168 Abs. 1 Satz 2 und 3 FamFG, in dem das Amtsgericht Höhe und Zeitpunkt der Zahlungen bestimmt, die der Betreute an die Staatskasse nach § 1908 i Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 1836 e BGB zu leisten hat, nicht beschwerdebefugt. Führt die Festsetzung dazu, dass der Sozialhilfeträger nur einen geringeren Betrag zurückfordern kann, stellt dies lediglich eine mittelbare Folge der Festsetzungsentscheidung dar. 

VBVG § 2 Satz 1; FamFG § 168 Abs. 1 Satz 4; JBeitrO § 8 (Rückforderung überzahlter Betreuervergütung) BGH, Beschluss vom 6.11.2013, XII ZB 86/13 1

1. Die materielle Ausschlussfrist des § 2 Satz 1 VBVG findet keine analoge Anwendung auf die Rückforderung überzahlter Betreuervergütung durch die Staatskasse.

2. Einer Rückforderung überzahlter Betreuervergütung kann der Vertrauensgrundsatz entgegenstehen, wenn eine Abwägung ergibt, dass dem Vertrauen des Berufsbetreuers auf die Beständigkeit der eingetretenen Vermögenslage gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Wiederherstellung einer dem Gesetz entsprechenden Vermögenslage der Vorrang einzuräumen ist. 

Mit Anmerkung von: Richter am Landgericht Uwe Seifert, Chemnitz 

BGB §§ 1684, 1836; FamFG § 277 (Nachträgliche Feststellung der berufsmäßigen Amtsführung) BGH, Beschluss vom 30.4.2014, XII ZB 190/13

Zur nachträglichen Feststellung berufsmäßiger Amtsführung eines Umgangspflegers (im Anschluss an Senatsbeschlüsse vom 8.1.2014 – XII ZB 354/13 – FamRZ 2014, 468 [= Rpfleger 2014, 316 und vom 29.1.2014 – XII ZB 372/13 – FamRZ 2014, 653). 

VBVG § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 (Höhe der Betreuervergütung) BGH, Beschluss vom 21.5.2014, XII ZB 98/14

Zur Höhe der Betreuervergütung nach erworbenem Abschluss als Diplomgesellschaftswissenschaftler an der Parteihochschule „Karl Marx“ beim Zentralkomitee der SED. 

VBVG § 5 (Untersuchungshaft kein gewöhnlicher Heimaufenthalt) BGH, Beschluss vom 26.3.2014, XII ZB 256/13

Eine Untersuchungshaft begründet regelmäßig keinen gewöhnlichen Aufenthalt des Betroffenen in einem Heim i. S. d. § 5 Abs. 2 Satz 2 VBVG (Abgrenzung zum Senatsbeschluss vom 14. Dezember 2011 – XII ZB 521/10 – NJW-RR 2012, 451). 

 

GG Art. 19 Abs. 4; FamFG § 7 Abs. 2 Nr. 1, § 59 Abs. 2; EMRK Art. 8 Abs. 1; BGB §§ 1779, 1887; RPflG § 11 Abs. 2 (Keine Beschwerdebefugnis der Pflegeeltern) OLG Nürnberg, Beschluss vom 14.3.2014, 11 WF 141/14

1. Pflegeeltern sind wie Großeltern durch Entscheidungen zur Auswahl des Vormunds ungeachtet ihres Antragsrechts aus § 1887 Abs. 2 BGB nicht in eigenen Rechten im Sinne des § 59 Abs. 1 FamFG betroffen und daher nicht beschwerdebefugt (Anschluss an BGH FamRZ 2013, 1318 ff.).

2. Zumindest wenn dem Kind in erster Instanz ein Verfahrensbeistand bestellt ist, können die Pflegeeltern, auch wenn dieser untätig bleibt, nicht zur Wahrung des Persönlichkeitsrechts des Kindes Beschwerde einlegen (Abgrenzung zu OLG Karlsruhe FamRZ 2013, 1665).

3. Für den Schutz der Grundrechte der Pflegefamilie (wie der Großeltern) ist die eine richterliche Kontrolle der Auswahlentscheidung ermöglichende Rechtspflegererinnerung nach § 11 Abs. 2 RPflG erforderlich aber auch ausreichend. 

 

BGB § 1908i Abs. 1 S. 1, § 1821 Abs. 1 Nr. 1 (Genehmigung einer Grundschuldbestellung) LG Hagen, Beschluss vom 25.02.2014, 6 T 8/14

Zur betreuungsgerichtlichen Genehmigung einer Grundschuld nach § 1908i Abs. 1 S. 1, § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB. 

 

Erb- und Nachlassrecht
HöfeO § 16 Abs. 1 Satz 1 (Grundstücksvermächtnis, Hofgrundstück) BGH, Beschluss vom 25.4.2014, BLw 6/13

Grundstücksvermächtnisse zu Gunsten der weichenden Miterben sind – auch wenn sie zu einer Zerschlagung des zum Hof gehörenden Grundbesitzes führen – nicht nach § 16 Abs. 1 Satz 1 HöfeO nichtig, wenn der Hof im Zeitpunkt des Erbfalls kein lebensfähiger landwirtschaftlicher Betrieb mehr ist. 

BGB §§ 823, 1922 (Geldentschädigung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung) BGH, Urteil vom 29.4.2014, VI ZR 246/12

Der Anspruch auf Geldentschädigung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung ist grundsätzlich nicht vererblich. 

EGBGB Art. 3 Nr. 2, Art. 25 Abs. 1; türk. ZGB Art. 166 (Erbfall eines türkischen Staatsbürgers, Nachlassspaltung) OLG Köln, Beschluss vom 21.2.2014, 2 Wx 30 und 43/14

1. Auf Erbfälle türkischer Staatsangehöriger mit letztem Wohnsitz in Deutschland ist materiell-rechtlich § 14 der Anlage zu Art. 20 des Konsularvertrages zwischen dem Deutschen Reich und der Türkischen Republik vom 28.05.1929 vorrangig vor Art. 25 EGBGB anzuwenden. Danach ist für das bewegliche Vermögen türkisches Erbrecht und für im Inland belegenes unbewegliches Vermögen deutsches Erbrecht anzuwenden. Vorfragen sind indes unselbständig anzuknüpfen.

2. Führt die Anwendung dieses Konsularvertrages zur Nachlassspaltung, sind 2 Erbscheine zu erteilen, die in einen Doppel- oder Mehrfacherbschein zusammengefasst werden können.

3. Ein vor dem Tod des Erblassers eingeleitetes Scheidungsverfahren kann sich auf das Erbrecht des überlebenden

 

BGB §§ 2084, 1096, 2269 (Schlusserbeinsetzung als Ersatzerbeinsetzung) OLG Hamm, Beschluss vom 14.3.2014, I-15 W 136/13

Setzen Ehegatten sich in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig als Erben sowie jeweils einseitig mit ihnen verwandte Personen gemeinsam als Erben des Letztversterbenden ein und schlägt der überlebende Ehegatte nach dem Tode des Erstversterbenden aus, kann die Schlusserbeinsetzung regelmäßig nicht als Ersatzerbeinsetzung auf den Nachlass des Erstversterbenden ausgelegt werden; für seinen Nachlass tritt dann gesetzliche Erbfolge ein. 

FamFG § 38 Abs. 3 Satz 1, §§ 41, 68 Abs. 1 Satz 1, § 69 Abs. 1 Satz 2 (Abhilfeentscheidung, neue Tatsachen) OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.2.2014, I-3 Wx 47/14

1. Das Nachlassgericht hat im Abhilfeverfahren (hier: betreffend die Beschwerde gegen die Anordnung bzw. Aufrechterhaltung einer Nachlasspflegschaft) nicht einen zur Zeit der Ausgangsentscheidung geltenden Sachverhalt unter Aussparung einer inzwischen eingetretenen neuen Entwicklung zu bewerten, sondern mit der Beschwerdebegründung vorgebrachte neue Tatsachen und Beweismittel (hier: inzwischen ergangener Senatsbeschluss, aus dem der Beschwerdeführer schließt, er stehe aufgrund eines handschriftlichen Testaments als Alleinerbe fest) in seine Überprüfung einzubeziehen.

2. Sieht sich das Nachlassgericht daran gehindert, eine Entwicklung zu berücksichtigen, weil es zu Unrecht davon ausgeht, dass es im Rahmen seiner Abhilfeentscheidung allein die Erbenstellung „zur Zeit, als der Beschluss erlassen worden ist“, zu bewerten habe, die es für nicht eindeutig geklärt hält, so steht die Befassung mit dem aktuellen Sachstand aus, was die Zurückverweisung durch das Beschwerdegericht eröffnet. 

 

VBVG § 2 Satz 1 Hs. 1; BGB §§ 242, 1836 Abs. 1 Satz 2 u. 3, Abs. 2, § 1915 Abs. 1 Satz 1 u. 2, § 1962; FamFG § 168 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 (Vergütung des Nachlasspflegers) OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.2.2014, I-3 Wx 292/11

1. Zur Geltendmachung der Vergütungsansprüche eines Nachlasspflegers bei einem vermögenden Nachlass auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben.

2. Eine (nach Aufhebung der Nachlasspflegschaft) zwischen Erbe und Nachlasspfleger getroffene Abrede, wonach der Erbe der gerichtlichen Festsetzung einer angemessenen Vergütung nicht entgegentrete, ist wirksam und kann im Festsetzungsverfahren nach § 168 Abs. 1 Satz 1 FamFG zu berücksichtigen sein, mit der Folge, dass das Nachlassgericht berechtigt ist, zugunsten des Nachlasspflegers, der die Pflegschaft berufsmäßig geführt hat, eine Ermessensvergütung nach § 1836 Abs. 2 BGB festzusetzen. 

 

Handels-, Gesellschafts- und Registerrecht
GmbHG § 34; BGB § 138 Abs. 1, § 343 (Sittenwidriger Satzungsinhalt) BGH, Urteil vom 29.4.2014, II ZR 216/13

Eine Bestimmung in der Satzung einer GmbH, nach der im Fall einer (groben) Verletzung der Interessen der Gesellschaft oder der Pflichten des Gesellschafters keine Abfindung zu leisten ist, ist sittenwidrig und nicht grundsätzlich als Vertragsstrafe zulässig. 

 

FamFG § 59 Abs. 1, § 395; GmbHG § 54 Abs. 1, § 66 (Beschwerderecht des Insolvenzverwalters, Firmenänderung) KG, Beschluss vom 3.3.2014, 12 W 145/13

1. Der Insolvenzverwalter einer GmbH i. L. ist nach Zurückweisung seiner Amtslöschungsanregung dann beschwerdebefugt, wenn durch den angegriffenen Zurückweisungsbeschluss unmittelbar in ein dem Insolvenzverwalter zustehendes Recht eingegriffen wird.

2. Die Änderung der Firma einer insolventen GmbH ist nicht ohne Zustimmung des Insolvenzverwalters wirksam.

3. Der Insolvenzverwalter kann grundsätzlich vom Liquidator für die Insolvenzschuldnerin vorgenommene Handlungen in entsprechender Anwendung des § 185 Abs. 2 BGB genehmigen. 

 

FamFG § 394 Abs. 1 Satz 1 (Löschung wegen Vermögenslosigkeit) OLG Düsseldorf, Beschluss vom 5.3.2014, I-3 Wx 187/12

Reicht die Gesellschaft (GmbH) zu zwei deutlich auseinander liegenden Zeitpunkten (hier: September 2012 und Februar 2014) Bankauszüge zur Registerakte ein, die sie als Inhaberin eines Online-Kontos mit Guthabensalden von 2.500 Euro bzw. 9.900 Euro ausweisen, so ist hierdurch unter Berücksichtigung eines auf Dienstleistungen gerichteten Unternehmensgegenstandes ein nicht völlig unerheblicher Vermögenswert belegt, der im Allgemeinen einer Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit entgegensteht. 

Zivilprozess und Zwangsvollstreckung
EuVTVO Art. 5, 21, 23; ZPO § 1084 (Europäischer Vollstreckungstitel) BGH, Beschluss vom 24.4.2014, VII ZB 28/13

Wird in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ein Titel als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt, findet eine ordre public-Überprüfung im Vollstreckungsstaat nicht statt. 

Mit Anmerkung von: Akademischer Rat a. Z. Dr. Peter Kreutz, Universität Augsburg 

 

Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung
ZVG § 39 Abs. 1 Alt. 2 (Veröffentlichung im Internet) BGH, Beschluss vom 3.4.2014, V ZB 41/13

Wird die Terminsbestimmung durch Veröffentlichung im Internet bekannt gemacht, schadet es nicht, wenn die Aufforderungen nach § 37 Nr. 4 und 5 ZVG erst nach Anklicken eines mit „amtliche Bekanntmachung“ gekennzeichneten Links wahrzunehmen sind. 

ZVG §§ 146, 150 Abs. 2; BGB §§ 1147, 1030; ZPO §§ 325, 727, 794 Abs. 1 Nr. 5, § 800 (Zwangsvollstreckungsunterwerfung gegen Nießbrauchsberechtigten) BGH, Beschluss vom 26.3.2014, V ZB 140/13

Hat sich der Grundstückseigentümer in einer notariellen Grundschuldbestellungsurkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung in der Weise unterworfen, dass die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde gegen den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks zulässig sein soll, kann gegen den Berechtigten eines im Rang nach der Grundschuld in das Grundbuch eingetragenen Nießbrauchs eine die eingeschränkte Rechtsnachfolge ausweisende Vollstreckungsklausel erteilt werden (titelerweiternde Klausel). Die mit ihr versehene Urkunde ist ein für die unbeschränkte Anordnung der Zwangsverwaltung ausreichender Vollstreckungstitel. 

ZVG §§ 180, 181; ZPO §§ 768, 771; BGB § 2048 (Drittwiderspruchsklage gegen Teilungsversteigerung) OLG Oldenburg, Urteil vom 4.2.2014, 12 U 144/13

Eine Teilungsanordnung des Erblassers gemäß § 2048 BGB steht einer von einem Miterben betriebenen Teilungsversteigerung gemäß §§ 180, 181 ZVG grundsätzlich entgegen. Der begünstigte Miterbe kann gegen die Teilungsversteigerung im Wege der unechten Drittwiderspruchsklage gemäß §§ 768, 771 ZPO analog vorgehen. Ein Recht zur Teilungsversteigerung kann aber ausnahmsweise dann bestehen, wenn die Versteigerung erforderlich ist, um einen schweren Nachteil für den Nachlass abzuwenden und berechtigte Interessen des begünstigten Miterben nicht entgegenstehen. 

 

ZVG § 85a Abs. 1 und 3, § 83 Nr. 6 (Meistgebot eines Grundpfandrechtsgläubigers) LG Magdeburg, Beschluss vom 20.5.2014, 3 T 123/14

Der Bieter eines unter 5/10 des Verkehrswerts liegenden Gebots, der außerhalb des Grundbuchs ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück erworben hat, handelt nicht rechtsmissbräuchlich, wenn er zunächst eine Zuschlagsversagung nach § 85a Abs. 1 ZVG in Kauf nimmt und dann erst im Beschwerdeverfahren sein Befriedigungsrecht am Grundstück und damit die Voraussetzungen des § 85a Abs. 3 ZVG offenlegt. 

Mit Anmerkung von: Dipl.-Rechtspfleger Erhard Alff, Hamburg 

 

Insolvenzrecht
InsO §§ 35, 203 Abs. 1 Nr. 3 (Nachtragsverteilung) BGH, Beschluss vom 3.4.2014, IX ZA 5/14

Der Nachtragsverteilung unterliegen keine Gegenstände, die der Insolvenzverwalter freigegeben hat. Ebenso wenig unterliegt der Veräußerungserlös für einen freigegebenen Gegenstand, der nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens verkauft worden ist, der Nachtragsverteilung. 

InsO § 201 Abs. 1 Satz 2, § 302 Nr. 1 (Widerspruch gegen Forderung aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung, vollstreckbare Tabellenausfertigung) BGH, Beschluss vom 3.4.2014, IX ZB 93/13

Widerspricht der Schuldner lediglich dem Rechtsgrund einer Forderung als vorsätzliche unerlaubte Handlung, ist dem Gläubiger auch nach Erteilung der Restschuldbefreiung aus der Eintragung der Forderung in der Tabelle eine vollstreckbare Ausfertigung zu erteilen (Klarstellung zu BGH, WM 2003, 2342, 2343; WM 2007, 659 Rn. 8). 

InsO § 203 Abs. 1 Nr. 3; ZPO §§ 829, 851 (Zahlungen kirchlicher Körperschaften, unpfändbare Leistungen) BGH, Beschluss vom 22.5.2014, IX ZB 72/12

1. Der Beschluss der Deutschen Bischofskonferenz vom 2. März 2011 über „Leistungen in Anerkennung des Leids, das Opfern sexuellen Missbrauchs zugefügt wurde“, bildet eine vom materiellen staatlichen Recht gelöste eigenständige neue Grundlage für hiernach erbrachte Leistungen.

2. Zahlungen kirchlicher Körperschaften auf der Grundlage des Beschlusses der Deutschen Bischofskonferenz vom 2. März 2011 über „Leistungen in Anerkennung des Leids, das Opfern sexuellen Missbrauchs zugefügt wurde“, sind nicht pfändbar und fallen im Falle des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Leistungsempfängers nicht in die Masse. 

InsO § 63 Abs. 2 (Verfahrenskostenstundung, Subsidiärhaftung der Staatskasse) BGH, Beschluss vom 8.5.2014, IX ZB 31/13

Wird die bewilligte Verfahrenskostenstundung während des Verfahrensabschnitts aufgehoben, besteht die Subsidiärhaftung der Staatskasse nur so lange fort, bis der Insolvenzverwalter oder Treuhänder von der Aufhebung Kenntnis erlangt. 

 

Straf-, Strafverfahrens- und Strafvollstreckungsrecht
StPO §§ 140, 141, 404 Abs. 5; RVG VV 4143 (Vertretung des Angeklagten im Adhäsionsverfahren) OLG Koblenz Beschluss vom 14.3.2014, 2 Ws 104/14

Die Bestellung zum Pflichtverteidiger umfasst nicht die Vertretung des Angeklagten im Adhäsionsverfahren. 

StPO §§ 290, 457 Abs. 3 (Vermögensbeschlagnahme als Beugemittel) KG, Beschluss vom 20.2.2014, 2 Ws 50, 70/14

Die Vermögensbeschlagnahme kann als Beugemittel auch im Vollstreckungsverfahren angeordnet werden. 

RVG VV Vorbemerkung zu Teil 4 Ziffer 1, VV 4301 Ziffer 4 (Gebühr für Zeugenbeistand) OLG München, Beschluss vom 7.3.2014, 4c Ws 4/14

Der einem Zeugen für die Dauer seiner Vernehmung nach § 68b StPO als Beistand beigeordnete Rechtsanwalt erhält eine Gebühr für eine Einzeltätigkeit nach RVG VV 4301 Ziffer 4. 

 

StPO §§ 143, 464a Abs. 2 Nr. 2, § 467 (Kostenerstattung bei mehreren Anwälten) ThürOLG, Beschluss vom 16.1.2014, 1 Ws 467/13

1. Fallen der Staatskasse die notwendigen Auslagen des Freigesprochenen zur Last, sind grundsätzlich nur die Kosten für einen Rechtsanwalt erstattungsfähig.

2. Wird nach Beauftragung eines Wahlverteidigers die vorausgegangene Bestellung eines Pflichtverteidigers deshalb nicht zurückgenommen, weil der Wahlverteidiger eine umfassende alleinige Verteidigung (unter Wahrnehmung aller Verhandlungstermine) nicht gewährleisten kann, verbleibt es bei dem Grundsatz, dass die Kosten eines Pflicht- und eines Wahlverteidigers dem Freigesprochenen nur in dem Umfang erstattet werden, in welchem sie die Kosten eines Rechtsanwaltes nicht übersteigen. 

 

Kostenrecht
ZPO § 91 Abs. 2 Satz 1, § 103; BGB § 242 (Rechtsmissbräuchliches Kostenfestsetzungsverlangen) BGH, Beschluss vom 20.5.2014, VI ZB 9/13

1. Ein Kostenfestsetzungsverlangen kann als rechtsmissbräuchlich anzusehen sein, wenn der Antragsteller die Festsetzung von Mehrkosten beantragt, die darauf beruhen, dass mehrere von demselben Prozessbevollmächtigten vertretene Antragsteller in engem zeitlichem Zusammenhang mit weitgehend gleichlautenden Antragsbegründungen aus einem weitgehend identischen Lebenssachverhalt ohne sachlichen Grund in getrennten Prozessen gegen denselben Antragsgegner vorgegangen sind.

2. Ein Kostenfestsetzungsverlangen ist nicht als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren, wenn die von demselben Prozessbevollmächtigten vertretenen Antragsteller den Antragsgegner zeitlich gestaffelt in Anspruch nehmen und ihr Vorgehen dazu bestimmt und geeignet ist, das Prozessrisiko insgesamt zu reduzieren.

3. Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts gelten unabhängig von den konkreten Umständen stets als zweckentsprechend verursachte Kosten (§ 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 ZPO). 

ZPO § 91 Abs. 1, § 104 (Materieller Kostenerstattungsanspruch) BGH, Beschluss vom 7.5.2014, V ZB 102/13

1. Die Kosten der Beauftragung der Verwalterin einer Wohnungseigentümergemeinschaft mit der Verteidigung gegen eine Beschlussanfechtungsklage werden als Aufwand für die allgemeine Prozessführung von dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch nicht erfasst. Erstattungsfähig sind nur die Kosten der Terminswahrnehmung.

2. Im Kostenfestsetzungsverfahren ist ein materieller Kostenerstattungsanspruch nur zu berücksichtigen, wenn über Bestand und Höhe des Anspruchs kein Streit besteht. Ansonsten ist er in diesem Verfahren nicht zu prüfen. 

RVG § 7 Abs. 1, § 15 Abs. 1 und 2 (Gebührenrechtlich dieselbe Angelegenheit) BGH, Urteil vom 8.5.2014, IX ZR 219/13

Beauftragen Gesellschafter eines geschlossenen Immobilienfonds einen Rechtsanwalt, den Initiator gemeinsam zu verklagen, um Schadensersatzansprüche wegen Prospekthaftung geltend zu machen, kann gebührenrechtlich dieselbe Angelegenheit gegeben sein, auch wenn die Klageaufträge einzeln und zeitlich versetzt erteilt werden. Entsprechendes gilt, wenn die Gesellschafter den Anwalt nacheinander beauftragen, gegen das klageabweisende erstinstanzliche Urteil Berufung einzulegen. 

 

RVG §§ 15, 22 (Eine Angelegenheit) BGH, Urteil vom 20.5.2014, VI ZR 396/13

Ein Rechtsanwalt kann die Gebühr gemäß RVG VV 2300 auch dann nur einmal aus dem Gesamtgegenstandswert und nicht zweimal aus (dann niedrigeren) Teilgegenstandswerten verlangen, wenn die von ihm für seinen Mandanten geltend gemachte Forderung außergerichtlich nur teilweise erfüllt wird und ihm deshalb für den noch offenen Teil der Forderung Klageauftrag erteilt wird. 

 

ZPO §§ 104, 106 Abs. 1 (Materiell-rechtliche Einwendungen gegen Kostenerstattungsanspruch) BGH, Beschluss vom 14.5.2014, XII ZB 539/11

Materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Kostenerstattungsanspruch können nur dann im Kostenfestsetzungsverfahren berücksichtigt werden, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen feststehen, weil sie unstreitig sind oder vom Rechtspfleger im Festsetzungsverfahren ohne Schwierigkeiten aus den Akten ermittelt werden können (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 9.Dezember 2009 – XII ZB 79/06 – NJW-RR 2010, 718 [= Rpfleger 2010, 342]). 

 

WEG § 16 Abs. 2, Abs. 8, § 28 Abs. 3 (Keine Prozesskostenfreistellung des obsiegenden Wohnungseigentümers) BGH, Urteil vom 4.4.2014, V ZR 168/13

1. Macht die Wohnungseigentümergemeinschaft Beitrags- oder Schadensersatzansprüche gegen einen einzelnen Wohnungseigentümer gerichtlich geltend, sind die ihr entstehenden Prozesskosten gemäß § 16 Abs. 2 WEG von allen Wohnungseigentümern zu tragen; eine Freistellung des obsiegenden Wohnungseigentümers gemäß § 16 Abs. 8 WEG kommt nicht in Betracht.

2. Der Wirtschaftsplan kann nach der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung durch einen Zweitbeschluss ersetzt werden, wenn Zweifel an seiner Wirksamkeit bestehen; nichts anderes gilt für den Beschluss über die Erhebung einer Sonderumlage als Ergänzung des Wirtschaftsplans. 

 

FamFG § 70 Abs. 3 Satz 2; GNotKG § 26 Abs. 3 (Rechtsmittelverfahren in Unterbringungssachen) BGH, Beschluss vom 7.5.2014, XII ZB 540/13

1. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen die eine Unterbringung oder freiheitsentziehende Maßnahme ablehnende tatrichterliche Entscheidung ist nur statthaft, wenn das Beschwerdegericht sie zugelassen hat (Abgrenzung zum Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014 – XII ZB 519/13 – FamRZ 2014, 652 [= Rpfleger 2014, 318]).

2. Rechtsmittelverfahren in Unterbringungssachen sind auch unter Geltung des Gesetzes über Kosten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für Gerichte und Notare vom 23. Juli 2013 (Gerichts- und Notarkostengesetz – GNotKG) gerichtsgebührenfrei. Diese Gebührenfreiheit gilt ebenfalls für unstatthafte Rechtsmittel. 

 

FamFG § 113 Abs. 1 Satz 2; ZPO § 91 Abs. 1 Satz 2; JVEG §§ 20, 22 (Keine Entschädigungen für Verdienstausfall und Zeitversäumnis) BGH, Beschluss vom 7.5.2014, XII ZB 630/12

Macht eine gemeinsame Einrichtung nach § 44 b SGB II (Jobcenter) nach § 33 Abs. 1 SGB II übergegangene Unterhaltsansprüche gerichtlich geltend, kann sie vom Unterhaltsschuldner wegen der Terminsteilnahme eines ihrer Mitarbeiter weder eine Entschädigung für Verdienstausfall nach § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO i. V. m. § 22 JVEG noch eine Entschädigung für Zeitversäumnis nach § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO i. V. m. § 20 JVEG verlangen. 

 

GNotKG VV 14110 (Gebührenfreie Eintragung des Erben) OLG Köln, Beschluss vom 19.3.2014, 2 Wx 73/14

1. Die Gebührenbefreiung nach Anmerkung I S. 2 zu 14110 KV GNotKG gilt nur dann, wenn ein Miterbe ohne Voreintragung der Erbengemeinschaft eingetragen wird. Wurde zunächst die Erbengemeinschaft im Grundbuch eingetragen, ist damit die gebührenbefreite Tätigkeit des Grundbuchamtes abgeschlossen und die danach folgende weitere Eintragung eines oder mehrerer einzelner Erben aufgrund Erbauseinandersetzung nicht mehr gebührenbefreit.

2. Es stellt keine unrichtige Sachbehandlung im Sinne des § 21 Abs. 1 S. 1 GNotKG dar, wenn das Grundbuchamt im Falle des einverständlichen Ausscheidens von Miterben aus der Erbengemeinschaft im Wege der sogenannten Abschichtung die Eintragung der verbliebenen Erben als Eigentümer erst nach Voreintragung der Erbengemeinschaft vornimmt; dies gilt auch dann, wenn infolge der Abschichtung nur ein einziger Erbe verbleibt. Dabei kann offen bleiben, ob in derartigen Fällen in entsprechender Anwendung des § 40 Abs. 1 GBO die Voreintragung der Erbengemeinschaft entbehrlich ist. 

 

Gesetzgebungsreport

Berichtszeitraum vom 26.6.2014 – 25.7.2014

BGBl. I

Bekanntmachung über das Inkrafttreten von Teilen des Gesetzes zur Durchführung des Haager Übereinkommens vom 23. November 2007 über die internationale Geltendmachung der Unterhaltsansprüche von Kindern und anderen Familienangehörigen sowie zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des internationalen Unterhaltsverfahrensrechts und des materiellen Unterhaltsrechts vom 2. Juli 2014, BGBl. I 2014 S. 887

Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr und zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vom 22. Juli 2014, BGBl. I 2014 S. 1218

 

Länderreport

Brandenburg

Gesetz zur Anpassung des Justizkostenrechts vom 10. Juli 2014, GVBl. I 2014 Nr. 35

Gesetz über den Vollzug des Jugendarrestes im Land Brandenburg und zur Änderung weiterer Gesetze vom 10. Juli 2014, GVBl. I 2014 Nr. 34

Bremen

Gesetz zur Änderung des Hinterlegungsgesetzes vom 24. Juni 2014, GVBl. 2014, 315

 

Schrifttumshinweise

Sachen- und Grundbuchrecht

Adam, Nachweis im Grundbuchverfahren nach neuem Wassergesetz, BWNotZ 2014, 98

Böhringer, Besondere Grundbucheintragungen in den neuen Ländern im Lichte des neuen GNotKG – Teil 3 , JurBüro 2014, 288

Usinger, Zur Zulässigkeit des Nachbarerbbaurechts, ZfIR 2014, 520

Wilsch, Veränderungen von Wohnungseigentum und Grundbuchgebühren nach dem GNotKG (Teil 1), ZfIR 2014, 457; (Teil 2), ZfIR 2014, 513

Familien-, Betreuungs- und Vormundschaftsrecht

Bestelmeyer, Vergütungsrechtliche Konsequenzen der fehlenden Feststellung der Berufsmäßigkeit des Betreuer-, Vormunds- oder (Nachlass-)Pflegeramtes, FGPrax 2014, 93

Hoffmann, Die Auswahl eines Vormunds/Pflegers durch das Familiengericht – das Auswahlverfahren, FamRZ 2014, 1167

Erb- und Nachlassrecht

Fröhler, Leitfaden Nachlasspflegschaften, BWNotZ 2014, 70

Keim, Ehegattenerbrecht zwischen Annahme und Ausschlagung, MittBayNot 2014, 303

Handels- und Registerrecht

Scheuch, Die Pflicht zur Eintragung der Gesellschafter einer GbR in die GmbH-Gesellschafterliste, GmbHR 2014, 568

Prozesskosten-, Verfahrenskosten- und Beratungshilfe

Enders, Beratungshilfe und Vergütungsvereinbarung – Teil II, JurBüro 2014, 281

Zivilprozess und Zwangsvollstreckung

Koch/Wallimann, Die neue Rechtsbehelfsbelehrungspflicht nach § 232 ZPO: Hintergründe, Probleme und Anpassungsbedarf, JR 2014, 271

Sturm, Entbindung vom Formularzwang für die Zwangsvollstreckung – der BGH zeigt Praxisnähe, JurBüro 2014, 284

Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung

Drasdo, Rechte und Pflichten des Zwangsverwalters, NJW 2014, 1855

Schmidt-Räntsch, Rechtsprechung des BGH zur Zwangsverwaltung und ihrem wohnungseigentumsrechtlichen Umfeld von März 2013 bis März 2014, ZfIR 2014, 497

Insolvenzrecht

Blankenburg/Godzierz, Die vorzeitige Restschuldbefreiung gem. § 300 Abs. 1 Satz 2 InsO im laufenden Insolvenzverfahren, ZInsO 2014, 1360

Heyer, Die neuen Formulare für den Verbraucherinsolvenzantrag – nur ein bisschen neu, ZVI 2014, 256

Homann, Die Reform des Rechts der Verbraucherentschuldung zum 1. Juli 2014: Evolution statt Revolution (Teil 2), DGVZ 2014, 160

Horstkotte, Der Insolvenzplan in der gerichtlichen Vorprüfung – 18 Monate Insolvenzplanrecht in Richterzuständigkeit – § 231 InsO in der Praxis, ZInsO 2014, 1297

Lissner, Das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte – Stärkung der Gläubigerrechte oder nur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens? JurBüro 2014, 342

Sämisch, Das Beschwerderecht und das Recht auf rechtliches Gehör im Verfahren über die Einsetzung eines Sachwalters nach § 270b InsO, ZInsO 2014, 1312

Schwarz/Brockmann, Die Einstellung des Insolvenzverfahrens mit Zustimmung der Gläubiger gem. § 213 InsO – Übertragbarkeit der Rechtsprechung des BGH zur unlauteren Herbeiführung eines Insolvenzplans durch Stimmenkäufe, ZInsO 2014, 1368

Straf-, Strafverfahrens- und Strafvollstreckungsrecht

Kotz, Aus der Rechtsprechung zur Vergütung des in Straf- und Bußgeldsachen tätigen Rechtsanwalts 2013, NStZ-RR 2014, 197

Kostenrecht

Burhoff, 10 Jahre RVG – Rückblick und Ausblick zu den Teilen 4 und 5 VV RVG, oder auch: Was man sich dort noch wünschen könnte, RVGreport 2014, 250

Enders, Gegenstandswert Schadensersatzrente – Rückstände? JurBüro 2014, 337

Hansens, Vergütungsfestsetzungsantrag des Terminsvertreters gegen den Hauptbevollmächtigten, RVGreport 2014, 256

Lohle, Handling der Erstattung von Dolmetscher- und Übersetzerkosten nach Art. 6 Abs. 3 lit. e EMRK, JurBüro 2014, 339

Schneider, H., Keine Gebührenfreiheit in Kostensachen bei unstatthaften Beschwerden, AGS 2014, 261

Schneider, N., Festsetzung des Verfahrenswerts eines Stufenantrags bei Erledigung des Verfahrens vor Bezifferung des Leistungsantrags, NZFam 2014, 591

Buchbesprechungen

AktG. Kommentar zum Aktienrecht
Herausgeber: Notar Thomas Wachter, München. RWS Verlag, Köln. 2. Aufl. 2014. 1678 S., 159,– Euro Notar a. D. Professor Walter Böhringer, Heidenheim/Brenz
BGB. Handkommentar
Von Prof. Dr. Dr. h. c. Reiner Schulze, Prof. Dr. Heinrich Dörner, Prof. Dr. Ina Ebert, RiOLG Prof. Dr. Thomas Hoeren, Dr. Rainer Kemper, Prof. Dr. Ingo Saenger, Prof. Dr. Klaus Schreiber, Prof. Dr. Hans Schulte-Nölke, Prof. Dr. Ansgar Staudinger. 8. Auflage, 2014. Nomos Verlag, Baden-Baden. 2879 Seiten, geb., 69,– eEuro ISBN 978-3-8487-1054-6 Rainer Sievers, Hamm/Dortmund, Rechtspfleger
Fachanwaltskommentar Mietrecht
Herausgeber Dr. Michael J. Schmidt, Richter am OLG und Dr. Annegret L. Harz, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentum. 4. neubearbeitete Auflage 2014. Wolters Kluwer (Carl Heymanns Verlag) Köln. Seiten 1748, geb. 149,– Euro inkl. kostenlose OnlineVersion RA Erich J. Bellgardt, Wachtberg
FamFG-Kommentar
Herausgeber: Prof. Dr. Kai Schulte-Bunert und VorsRiOLG Gerd Weinreich. 4. Auflage, 2013. Wolters Kluwer (Luchterhand Verlag) Köln. 2310 Seiten, 149,– Euro. ISBN 978-3-472-08347-4 Dipl.-Rechtspfleger Uwe Harm, Amtsgericht Bad Segeberg

© Verlag Ernst und Werner Gieseking GmbH, 2024