Heft 12/2024 (Dezember 2024)
Familiengerichtliches Genehmigungserfordernis bei lenkender Ausschlagung
BGH, Beschluss v. 4.9.2024, IV ZB 37/23
Eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs des § 1643 Abs.2 Satz 2 BGB a.F.,§ 1643Abs.3 Satz 1 BGB n.F. kommt für den Fall, dass ein als gewillkürter Erbe berufener Elternteil für sich im eigenen Namen und als vertretungsberechtigter Elternteil für das als Ersatzerbe eingesetzte Kind die gewillkürte Erbschaft bei werthaltigem Nachlass ausschlägt, um die gesetzliche Erbfolge zu ermöglichen und das gesetzliche Erbe für sich anzunehmen (sog. lenkende Ausschlagung), nicht in Betracht.
Personenbezogene Daten im Vereinsregister
BGH, Beschluss v. 4.6.2024, II ZB 10/23
1. Ein früheres Vereinsvorstandsmitglied kann nach seinem Aus- scheiden aus dem Amt gegen das Registergericht einen Anspruch auf Löschung seiner im Vereinsregister eingetragenen personen- bezogenen Daten aus den im automatisierten Verfahren zum unbeschränkten Abruf aus demVereinsregister im Internet bereitgestellten Daten gem. Art. 17 Abs. 1 DS-GVO haben.
2. Ob dies der Fall ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, deren Gewichtung maßgeblich von dem seit dem Ausscheiden desVorstandsmitglieds verstrichenen Zeitraum bestimmt wird.
3. § 79 Abs. 1 und 2 BGB (i.V.m. § 33 VRV) sind insoweit im Lichte der Datenschutz-Grundverordnung einschränkend auszulegen.
Öffentliche Urkunde, Schadensersatz wegen Pflichtverletzung
BGH, Beschluss v. 28.8.2024, XII ZR 62/22
1. Sind öffentliche Urkunden i.S. von § 415 Abs. 1 ZPO echt und mangelfrei, erbringen sie den vollen Beweis dafür, dass die Erklärung des Urkundsbeteiligten mit dem niedergelegten Inhalt so, wie beurkundet und nicht anders, abgegeben wurde.
2. Die inhaltliche Richtigkeit der Erklärung ist nicht von der Beweiskraft erfasst; ob durch die Erklärung über eine Tatsache diese Tatsache selbst bewiesen wird, hat das Gericht im Wege der freien Beweiswürdigung zu entscheiden.
Nachweis der Annahme des Testamentsvollstreckeramts
OLG München, Beschluss v. 24.9.2024, 34 Wx 218/24 e
1. DieVerfügungsbefugnisdesTestamentsvollstreckerskanndurch die zugrundeliegende Verfügung von Todes wegen und die Niederschrift über deren Eröffnung in Verbindung mit dem Nachweis der Annahme des Testamentsvollstreckeramts nachgewiesen werden.
2. Der Nachweis der Amtsannahme kann durch eine in der Form des § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO ausgestellte Bescheinigung des Nachlassgerichts erbracht werden, die über eine bloße Eingangsbestätigung hinaus die Rechtswirksamkeit der Annahme bezeugt.
Vermietungsverbot, Diskriminierung wegen ethnischer Herkunft
KG, Beschluss v. 19.9.2024, 1 W 410-448/23
1. Eine Bestimmung in der Gemeinschaftsordnung einer Wohnungseigentümergemeinschaft, wonach den Eigentümern die Vermietung ihres Sondereigentums an die für die Unterbringung von Asylbewerbern zuständige (Landes-)Behörde untersagt wird, ist nicht offensichtlich unwirksam.
2. Das Grundbuchamt hat deshalb keinen Anlass, den Antrag auf Eintragung einer entsprechenden Ergänzung der Gemeinschaftsordnung in den Wohnungs- und Teileigentumsgrundbüchern zu beanstanden.
Amtsermittlung, Vermutung des gleichzeitigen Todes
OLG Karlsruhe, Beschluss v. 26.9.2024, 14 W 95/23 (Wx)
1. Kann im Wege der Amtsermittlung gem. § 26 FamFG in einem Erbscheinverfahren nach Einholung eines rechtsmedizinischen Sachverständigengutachtens nicht mit der erforderlichen Sicherheit geklärt werden, dass ein Erblasser von seinem Ehegatten überlebt worden ist, greift die Vermutung des § 11 VerschG.
2. An den Beweis des Überlebens im Rahmen des § 1923 BGB sind strenge Anforderungen zu stellen (Anschluss OLG Hamm, Beschluss v. 12.6.1995 – 15 W 120/95, Rn. 25, Rpfleger 1996, 28 = juris).
Voraussetzung einer Zwischenverfügung, Anmeldung einer Prokura
OLG Düsseldorf, Beschluss v. 29.8.2024, 3 Wx 115/24
1. Handelt es sich um kein behebbares Hindernis, sondern ein endgültiges, so darf keine Zwischenverfügung ergehen, vielmehr ist der Eintragungsantrag nach § 382 Abs. 3 FamFG abzulehnen. Gleiches gilt, soweit der Anmeldende die Behebung des Eintragungshindernisses endgültig verweigert.
2. Gemäß § 53 Abs. 1 HGB ist die Erteilung der Prokura von dem Inhaber des Handelsgeschäfts zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Ist die Prokura als Gesamtprokura erteilt, so muss auch dies zur Eintragung angemeldet werden. Bei der GmbH ist die Anmeldung durch die gesetzlichen Vertreter in vertretungsberechtigter Anzahl vorzunehmen.
Wertersatz für eine Auflassungsvormerkung im Falle der Zwangsversteigerung
OLG Braunschweig, Beschluss v. 12.3.2024, 3 U 20/22
Im Falle der Zwangsversteigerung tritt mit dem Zuschlag an die Stelle einer Auflassungsvormerkung, die nachrangig zu dem Recht des beitreibenden Gläubigers ist, ein Anspruch auf Ersatz ihres Wertes (Surrogationsprinzip); dies gilt auch dann, wenn der Vormerkungsberechtigte selbst den Zuschlag erhält; der vom Berechtigten gegebenenfalls noch geschuldete Kaufpreis ist nicht abzuziehen.
Rechtsanwalt als beruflicher Verfahrenspfleger, Vergütung bei Unterbringung nach PsychKG
LG Fulda, Beschluss v. 23.9.2024, 5 T 162/24
Zum Vergütungsanspruch eines Rechtsanwalts als Verfahrenspfleger in einem Unterbringungsverfahren nach HessPsychKHG. Die materiell-rechtlich verschiedenen Angelegenheiten sind auch gebührenrechtlich nicht als dieselbe Angelegenheit i.S. von § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG zu behandeln.