Heft 4/2016 (April 2016)

Vorschau
Walter Böhringer: Der Anmeldevermerk gemäß § 30b VermG in der Grundbuchpraxis
Udo Hintzen: Widerspruch gegen den Teilungsplan
Gerhard Christl: Abänderung der Prozess-/Verfahrenskostenhilfe wegen Vermögenserwerbs bei Bezug von Sozialleistungen nach SGB II, SGB XII
 
Betreuungsrechtliche Genehmigung, Doppelvollmacht an Notar
BGH, Beschluss vom 2.12.2015, XII ZB 283/15
1. Macht der Vertragspartner des Betroffenen geltend, ihm gegenüber sei eine zuvor erteilte und nunmehr aufgehobene Genehmigung gemäß § 1829 Abs. 1 Satz 2 BGB wirksam und deshalb nach § 48 Abs. 3 FamFG unabänderlich geworden, steht ihm gegen den die gerichtliche Genehmigung des Vertrags letztlich versagenden Beschluss ausnahmsweise die Beschwerdeberechtigung nach § 59 FamFG zu.
2. Für den Betroffenen beginnt die Beschwerdefrist im Verfahren über die Erteilung einer gerichtlichen Genehmigung mit der nach § 41 Abs. 3 FamFG erforderlichen Bekanntgabe des Beschlusses an ihn selbst zu laufen (Fortführung des Senatsbeschlusses vom 4.5.2011, XII ZB 632/10, FamRZ 2011, 1049 [= Rpfleger 2011, 497]; Abgrenzung zu Senatsbeschluss vom 12.2.2014, XII ZB 592/12, FamRZ 2014, 640 [= Rpfleger 2014, 373]).
3. Auch bei der Bekanntgabe durch Aufgabe zur Post nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 FamFG ist entsprechend § 184 Abs. 2 Satz 4 ZPO in den Akten zu vermerken, zu welcher Zeit und unter welcher Anschrift das Schriftstück zur Post gegeben wurde. Der Vermerk muss vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle unterschrieben werden.
4. Dem Notar kann wirksam eine sog. Doppelvollmacht ­ zur Entgegennahme der gerichtlichen Genehmigung und Mitteilung derselben an den Vertragspartner jeweils als Bevollmächtigter des Betreuers sowie zur Entgegennahme der Mitteilung als Bevollmächtigter des Vertragspartners ­ erteilt werden. Zur wirksamen Vornahme der Mitteilung muss der Notar seinen Willen hierzu äußerlich erkennbar machen.
Mit Anmerkung: Dipl.-Rechtspfleger Horst Bestelmeyer, Gauting
 
Beitreibungsrecht des beigeordneten RA
BGH, Beschluss vom 11.11.2015, XII ZB 241/15
Das gesetzliche Beitreibungsrecht des im Prozesskostenhilfeverfahren beigeordneten Rechtsanwalts geht einer Pfändung des Kostenerstattungsanspruchs der von ihm vertretenen Partei vor.
 
Aussetzung der Vollstreckung nach Ratenzahlungsvereinbarung
BGH, Beschluss vom 2.12.2015, VII ZB 42/14
Schließen Gläubiger und Schuldner im Rahmen der Zwangsvollstreckung ohne Einverständnis des Drittschuldners eine Ratenzahlungsvereinbarung, in der sich der Gläubiger gegenüber dem Schuldner verpflichtet, die Kontopfändung einstweilen auszusetzen, kommt eine gerichtliche Anordnung gegenüber dem Drittschuldner mit dem Inhalt, dass der Schuldner über die vom Gläubiger durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gepfändete und zur Einziehung überwiesene Forderung vereinbarungsgemäß vorläufig bis zu einem vom Gläubiger erklärten Widerruf oder der Zustellung einer anderweitigen Pfändung eines nachrangigen Gläubigers verfügen kann, nicht in Betracht.
 
Zwangsverwaltung und Wohnungsrecht
BGH, Urteil vom 18.12.2015, V ZR 191/14
Die unbeschränkte Anordnung der Zwangsverwaltung durch das Voll­streckungsgericht hat nur verfahrensrechtliche Bedeutung. Sie be­gründet keinen Anspruch des Zwangsverwalters gegen einen Wohnungsrechtsinhaber auf Herausgabe der Wohnung nach § 985 BGB.
 
Maßgebliches Ehegüterrecht
PfälzOLG Zweibrücken, Beschluss vom 9.12.2015, 3 W 115/15
1. Nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB bestimmt sich in Abweichung zu den Art. 15 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 EGBGB das maßgebliche Ehegüterrecht nach deutschem Recht nur, wenn einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits die deutsche Staatsangehörigkeit besaß.
2. Zum Umfang der Prüfungspflicht des Grundbuchamtes bei der Eintragung von Ehegatten mit italienischer Staatsangehörigkeit als Eigentümer in das Grundbuch, wenn einer von ihnen auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.
 
Einleitung eines Zwangsverfahrens gegen ­aktienrechtlichen Sonderprüfer
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.11.2015, I-3 Wx 134/14
Zur Einleitung eines Zwangsverfahrens gemäß §§ 14 HGB, 388 ff. FamFG auf Antrag einer Gruppe von Aktionären gegen den
aktienrechtlichen Sonderprüfer, mit dem Ziel, die diesem gemäß § 145 Abs. 6 Satz 3 AktG obliegende Pflicht zur Einreichung des – ggf. mit Blick auf ein Geheimhaltungsinteresse in Teilen geschwärzten – unterzeichneten Prüfungsberichts beim Handelsregister durchzusetzen, um den Bericht einsehen zu können (hier: maßgeblich am voraussichtlichen Verfahrensausgang sich orientierende Ermessensentscheidung über die Kosten nach Erledigung des Verfahrens in der Hauptsache wegen Entbehrlichkeit der zwangsweise Durchsetzung der dem aktienrechtlichen Sonderprüfer obliegenden Pflicht zur Vorlage eines Prüfberichts beim Handelsregister nach Einreichung seines unterschriebenen Berichts gemäß § 145 Abs. 6 Satz 3 AktG).
 
Verfahrensdifferenzgebühr, Mehrvergleich im Beschwerdeverfahren
OLG Köln, Beschluss vom 19.11.2015, 17 W 55/15
1. Es bleibt offen, ob bei der Protokollierung eines Vergleichs in einem Beschwerdeverfahren für die Einbeziehung nicht rechtshängiger Ansprüche grundsätzlich – nur – eine Verfahrensgebühr gemäß RVG VV 3500 in Höhe von 0,5 oder eine Verfahrensgebühr gemäß RVG VV  3101 [bzw. 3201]  in Höhe von 0,8 [1,1] anfällt.
2. Jedenfalls wenn in dem Vergleich auch Ansprüche mitgeregelt werden, die Gegenstand eines parallelen Berufungsrechtsstreits waren und in derselben mündlichen Verhandlung erörtert worden sind, entsteht für die nicht rechtshängigen Ansprüche, die eine große Sachnähe zu dem Verfahrensgegenstand des Berufungsverfahrens haben, eine 1,1 - Verfahrensgebühr gemäß RVG VV 3201, 3200.
3. Für die Begrenzung der danach angefallenen Verfahrensgebühr aus RVG VV 3201  gemäß § 15 Abs. 3 RVG ist der Betrag gemäß der höchsten Gebühr nach dem Gesamtstreitwert (einschließlich Mehrwert und Beschwerdeverfahren) zugrunde zu legen. Anzurechnen sind alle im Beschwerde- und Berufungsverfahren entstandenen Verfahrensgebühren.

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