Heft 12 / 2016 (Dezember 2016)

Abhandlungen

Dipl.-Rechtspfleger (FH) Helmut Wagner und Dipl.-Rechtspfleger (FH) Oliver Weber:
Die Beendigung des Erbbaurechts in der Grundbuchpraxis 685

A. Allgemeines
B. Beendigung
I. Aufhebung
1. Schuldrechtliche Voraussetzungen
2. Sachenrechtliche Voraussetzungen
3. Grundbuchverfahrensrechtliche Voraussetzungen
4. Wirkungen
5. Grundbuchvollzug
II. Erlöschen durch Zeitablauf
1. Materielle Grundbuchunrichtigkeit
2. Wirkungen
a) Wesentliche Bestandteile
b) Entschädigungsanspruch gem. §§ 27, 28 ErbbauRG
aa) Unproblematische Löschung
bb) Problematische Löschung
c) Pfandrecht gem. § 29 ErbbauRG
d) Erneuerungsvorrecht gem. § 2 Nr. 6 und § 31 ErbbauRG
3. Grundbuchverfahrensrechtliche Voraussetzungen
a) Ausschluss des Entschädigungsanspruchs
b) Bewilligungen des Erbbauberechtigten und der Realgläubiger
c) Sicherung der Entschädigungsforderung
d) Sicherung des Pfandrechts gem. § 29 ErbbauRG
e) Erneuerungsanspruch gem. § 2 Nr. 6 und § 31 ErbbauRG
4. Grundbuchvollzug
a) Entschädigungsforderung gem. § 28 ErbbauRG
b) Pfandrecht gem. § 29 ErbbauRG
c)(Amts-)Vormerkung zur Sicherung des Erneuerungsanspruchs gem. § 31 Abs. 4 S. 3 ErbbauRG
C. Zusammenfassung
D. Fassungsvorschläge90
I. Löschung des Erbbaurechts und Eintragung der Entschädigungsforderung gem. §§ 27, 28 ErbbauRG
II. Eintragung der Pfandrechte gem. § 29 ErbbauRG
III. Eintragung der Vormerkung gem. § 31 Abs. 4 S. 3 ErbbauRG

Dipl.-Rechtspflegerin (FH) Kristina Weissinger:
Ruhen der elterlichen Sorge und Vormundschaft für unbegleitet einreisende Minderjährige 8

I. Internationale Zuständigkeit
II. Örtliche Zuständigkeit
III. Anwendbares Recht
IV. Feststellung längerfristige Verhinderung der Ausübung der elterlichen Sorge und Anordnung Vormundschaft
V. Auswahl Vormund
VI. Einstweilige Anordnung
VII.Führung der Vormundschaft durch einen Familienangehörigen des unbegleiteten Kindes – Chancen und Probleme in der Praxis –
VIII.Parallelität zwischen Vormundschaft und Ergänzungspflegschaft, Mitvormundschaften
IX. Beendigung der Vormundschaft
Entscheidung könne Rechtsklarheit im Einzelfall erreicht werden.
X. Fazit und Ausblick

Horst Bestelmeyer:
Die Entwicklung des Erbrechts seit 2014 694

1. Gesetzliche Erbfolge
2. Digitaler Nachlass
3. Annahme und Ausschlagung der Erbschaft
4. Testamentserrichtung und Testamentswiderruf
5. Testamentsauslegung und Testamentsanfechtung
6. Gemeinschaftliches Testament
a) Errichtung, Auslegung und Widerruf
b) Wechselbezüglichkeit
7. Erbvertrag
8. Vermächtnis
9. Nacherbfolge
a) Anordnungs- und Auslegungsfragen
b) Wiederverheiratungsklauseln
c) Nacherbenvermerk
d) Verfügungen des Vorerben
e) Vorausvermächtnis zugunsten des alleinigen Vorerben
10. Testamentsvollstreckung
a) Ernennung und Rechtsstellung des Testamentsvollstreckers
b) Entgeltlichkeit der Verfügungen des Testamentsvollstreckers150
c) Testamentsvollstreckerzeugnis und Nachweis des TVAmtes
d) Testamentsvollstreckervermerk159
e) Beendigung der Testamentsvollstreckung und des TVAmtes
11. Erbverzicht
12. Pflichtteilsrecht
13. Erbengemeinschaft
14. Erbfälle mit Auslandsberührung und Anwendbarkeit der EuErbVO201
15. Nachlasspflegschaft
a) Anordnung und Aufhebung
b) Kontoverwaltung
c) Vergütung
aa) Vergütungsrechtliche Ausschlussfrist
bb) Geltendmachung der Vergütung
cc) Höhe der Vergütung
dd) Beschäftigung von Kanzleimitarbeitern
ee) Mittellosigkeit des Nachlasses
ff) Vertretung der unbekannten Erben im Genehmigungs- und Vergütungsverfahren
16. Nachlassgerichtliches Verfahren
17. Nachweis der Erbfolge im Grundbuchverfahren275
18. Ableben eines GbR-Gesellschafters
19. Transmortale und postmortale Vollmachten

Rechtsprechung

Sachen- und Grundbuchrecht
BGB §§ 471, 1094 Abs. 1, §§ 1097, 1098 Abs. 1 Satz 1; GBO § 18 Abs. 1, § 22 Abs. 1 Satz 1 (Vorkaufsrecht für einen Verkaufsfall) OLG München, Beschluss vom 11.5.2016, 34 Wx 61/16

Zur Grundbuchunrichtigkeit nach Eigentumserwerb durch Zuschlag im Weg der Zwangsversteigerung bei einem Vorkaufsrecht „für den ersten Verkaufsfall, für den es nach den gesetzlichen Bestimmungen überhaupt ausgeübt werden kann“.

GBO § 18; BauGB § 22 (Fehlende Genehmigung als Eintragungshindernis) OLG Rostock, Beschluss vom 31.5.2016, 3 W 108/13

1. Das Grundbuchamt trifft keine allgemeine Fürsorgepflicht für die materielle Richtigkeit der im Grundbuch ausgewiesenen Rechtsverhältnisse.
2. Liegt dem Grundbuchamt eine Mitteilung nach § 22 Abs. 6 BauGB über das Bestehen einer Satzung nach § 22 BauGB vor, hat es die Wirksamkeit der Satzung nicht zu prüfen.
3. Das Grundbuchamt darf die Eintragung einer Teilung in das Grundbuch dann nur vornehmen, wenn der Genehmigungsbescheid, ein Zeugnis, das die Genehmigung als erteilt gilt oder die Freistellungserklärung der Gemeinde gem. § 22 Abs. 8 BauGB beim Grundbuchamt eingegangen ist.

GBO §§ 19, 27; BGB §§ 875, 1168, 1175, 1183 (Löschung eines Gesamtgrundpfandrechts) OLG München, Beschluss vom 6.5.2016, 34 Wx 404/15

Die Löschungsbewilligung für ein Gesamtgrundpfandrecht umfasst im Zweifel auch einen Teilverzicht des Gläubigers, der eine Teillöschung ohne Nachweis der Eigentümerzustimmung erlaubt.

GBO § 29 Abs. 1; WEG § 10 Abs. 6 Satz 1, Abs. 7 (WEGemeinschaft als Miteigentümerin) OLG München, Beschluss vom 11.5.2016, 34 Wx 73/15

1. Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann als (Mit-)Eigentümerin von Grundbesitz in das Grundbuch eingetragen werden (Anschluss an BGH vom 18.3.2016 – V ZR 75/15).
2. Offen bleibt, ob das Grundbuchamt den Verwaltungscharakter des Erwerbsgeschäfts zu prüfen hat. Stellt sich nach dem Inhalt der Urkunde der Erwerb als Verwaltungsmaßnahme dar, kann der Nachweis jedenfalls im Rahmen der freien Beweiswürdigung als geführt angesehen werden.

WEG § 12 Abs. 1, § 24 Abs. 6 Satz 2, § 26 Abs. 3; GBO § 29 (Nachweis über die Verwalterbestellung) OLG München, Beschluss vom 30.5.2016, 34 Wx 17/16

1. Der formalisierte Nachweis über die Bestellung des Verwalters verlangt die Vorlage einer Niederschrift über den Bestellungsbeschluss mit zwei oder (bei Bestellung eines Verwaltungsbeirats) drei Unterschriften. Für das Grundbuchamt muss die jeweilige Funktion der unterzeichnenden Person feststellbar sein. Bei einem mehrköpfigen Verwaltungsbeirat genügt die der Unterschrift beigefügte Bezeichnung „Verwaltungsbeirat“ diesen Anforderungen nicht.
2. Für Erklärungen öffentlicher Behörden in eigenen Angelegenheiten, die in sogenannten bewirkenden Urkunden abgegeben werden, gilt im Grundbuchverfahren die Form des § 29 Abs. 3 GBO, erforderlich ist also Unterschrift nebst Siegel oder Stempel der Behörde. Des Nachweises in dieser Form bedarf es indessen nicht, wenn die aus der Erklärung folgende Tatsache bei dem Grundbuchamt offenkundig ist. Dies ist der Fall, wenn die Tatsache gerade durch die in den betreffenden Akten desselben Gerichts enthaltene Urkunde zur Entstehung gelangt ist (Ergänzung zu Senat vom 24.5.2016, 34 Wx 16/16).

WEG §§ 12, 18 (Zustimmung des Verwalters) KG, Beschluss vom 14.6.2016, 1 W 166/16

Übertragen die miteinander verheirateten Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts in Ansehung der Auseinandersetzung der Gesellschaft ein zum Gesellschaftsvermögen gehörendes Wohnungseigentum auf sich zu Bruchteilen, ist die Zustimmung des Verwalters auch dann erforderlich, wenn als Ausnahme hiervon die Veräußerung an Ehegatten vereinbart ist.

Familien-, Betreuungs- und Vormundschaftsrecht
BGB §§ 1901a, 1901b, 1904 (Inhalt einer Patientenverfügung) BGH, Beschluss vom 6.7.2016, XII ZB 61/16

a) Der Bevollmächtigte kann in eine der in § 1904 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB genannten Maßnahmen nur einwilligen, nicht einwilligen oder die Einwilligung widerrufen, wenn der Vollmachttext hinreichend klar umschreibt, dass sich die Entscheidungskompetenz des Bevollmächtigten auf die im Gesetz genannten ärztlichen Maßnahmen sowie darauf bezieht, sie zu unterlassen oder am Betroffenen vornehmen zu lassen. Hierzu muss aus der Vollmacht auch deutlich werden, dass die jeweilige Entscheidung mit der begründeten Gefahr des Todes oder eines schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schadens verbunden sein kann.
b) Einem für einen Betroffenen bestehenden Betreuungsbedarf wird im Zusammenhang mit der Entscheidung zur Durchführung von lebensverlängernden Maßnahmen im Sinne des § 1904 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB durch eine Bevollmächtigung erst dann nicht ausreichend Genüge getan, wenn offenkundig ist, dass der Bevollmächtigte sich mit seiner Entscheidung über den Willen des Betroffenen hinwegsetzen würde.
c) Die schriftliche Äußerung, „keine lebenserhaltenden Maßnahmen“ zu wünschen, enthält für sich genommen nicht die für eine bindende Patientenverfügung notwendige konkrete Behandlungsentscheidung des Betroffenen. Die insoweit erforderliche Konkretisierung kann aber gegebenenfalls durch die Benennung bestimmter ärztlicher Maßnahmen oder die Bezugnahme auf ausreichend spezifizierte Krankheiten oder Behandlungssituationen erfolgen.

BGB § 1626 a Abs. 2; FamFG §§ 155 a, 159 (Kindeswohlprüfung) BGH, Beschluss vom 15.6.2016, XII ZB 419/15

a) Auch bei der „negativen“ Kindeswohlprüfung nach § 1626 a Abs. 2 Satz 1 BGB ist vorrangiger Maßstab für die Entscheidung das Kindeswohl. Notwendig ist die umfassende Abwägung aller für und gegen die gemeinsame Sorge sprechenden Umstände. Dafür gelten die zur Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB entwickelten Grundsätze.
b) Erst wenn sich nach erschöpfender Sachaufklärung nicht feststellen lässt, dass die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl widerspricht, ergibt sich aus der negativen Formulierung der Kindeswohlprüfung die (objektive) Feststellungslast dahin, dass im Zweifelsfall die Übertragung der elterlichen Sorge auf die Eltern gemeinsam auszusprechen ist.
c) Gründe, die der gemeinsamen elterlichen Sorge im Sinne von § 1626 a Abs. 2 Satz 2 BGB entgegenstehen können, sind bereits dann gegeben, wenn sich aus den dem Gericht dargelegten oder sonst ersichtlichen konkreten tatsächlichen Anhaltspunkten die Möglichkeit ergibt, dass die gemeinsame elterliche Sorge nicht mit dem Kindeswohl vereinbar ist. Unbeachtlich sind dagegen Umstände, die keinen Bezug zum konkreten Fall oder dem Wohl des Kindes aufweisen.
d) Zur persönlichen Anhörung des Kindes im Sorgerechtsverfahren.

Erb- und Nachlassrecht
BGB § 2325 Abs. 3 (Grundstücksschenkung unter Vorbehalt eines Wohnungsrechts) BGH, Urteil vom 29.6.2016, IV ZR 474/15

Behält sich der Erblasser bei der Schenkung eines Grundstücks ein Wohnungsrecht an diesem oder Teilen daran vor, so kann hierdurch in Ausnahmefällen (hier verneint) der Beginn des Fristlaufs gem. § 2325 Abs. 3 BGB gehindert sein (Fortführung des Senatsurteils vom 27. April 1994 – IV ZR 132/93, BGHZ 125, 395 [= Rpfleger 1995, 70]).

BGB §§ 180, 1638, 1909 Abs. 1 (Elterliche Vermögensverwaltung, Erbausschlagung) BGH, Beschluss vom 29.6.2016, XII ZB 300/15

Der durch Verfügung von Todes wegen angeordnete Ausschluss der elterlichen Vermögensverwaltung für vom Kind ererbtes Vermögen umfasst auch die Befugnis zur Ausschlagung der Erbschaft. Die in einem solchen Fall von einem ausgeschlossenen Elternteil im Namen des Kindes erklärte Ausschlagung ist mangels Vertretungsmacht unwirksam.

Prozesskosten-, Verfahrenskosten- und Beratungshilfe
FamFG § 113 Abs. 1; ZPO § 124 Nr. 2 (a. F.); EGZPO § 40 (Aufhebung bewilligter Verfahrenskostenhilfe) PfälzOLG Zweibrücken, Beschluss vom 30.6.2016, 2 WF 69/16

Das Recht der Staatskasse zur Aufhebung der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe wegen absichtlich oder grob nachlässig gemachter unrichtiger Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen ist nicht verwirkt, wenn wegen der unrichtigen Angaben ein Strafverfahren gegen die bedürftige Partei geführt wurde, das Aufhebungsverfahren bis zum Abschluss des Ermittlungsverfahrens ausgesetzt war und alsbald nach Abschluss des Strafverfahrens fortgeführt wurde.

RVG §§ 7, 15a; RVG VV 3100, 1008, Vorbem. 3 Abs. 2 (Erhöhungsgebühr, Anrechnung) OLG Koblenz, Beschluss vom 24.6.2016, 14 W 323/16

1. Wird mit einem PKH-Antrag unbedingte Klage erhoben, sind die Beklagten nicht verpflichtet, den Auftragzur Rechtsverteidigung auf das Prozesskostenhilfeverfahren zu beschränken.
2. Ist die Verfahrens- und die Erhöhungsgebühr für den Beklagtenvertreter entstanden, entfällt die Erhöhungsgebühr nicht dadurch, dass einer von zwei Beklagten noch vor der Zustellung der Klage verstirbt.
3. Hat der Erblasser die vorgerichtliche Geschäftsgebühr des Rechtsanwaltes gezahlt, ist der alleinerbende Dritte (hier die Klägerin) im Sinne des § 15a RVG so zu behandeln, als stamme die Zahlung von ihm.

Zivilprozess und Zwangsvollstreckung
ZPO § 829 Abs. 4 Satz 2; ZVFV § 2 Satz 1 Nr. 2, § 3 Abs. 3, § 5; BGB § 367 Abs. 1 (Formularzwang für Forderungspfändung; Verrechnung von Zahlungen) BGH, Beschluss vom 15.6.2016, VII ZB 58/15

a) Sofern das Antragsformular gemäß Anlage 2 zu § 2 Satz 1 Nr. 2 ZVFV für den Antrag des Gläubigers auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses hinsichtlich der zu vollstreckenden Forderungen auf Seite 3 keine vollständige und zutreffende Eintragungsmöglichkeit bietet, ist es nicht zu beanstanden, wenn der Gläubiger wegen der zu vollstreckenden Forderungen insgesamt auf eine in einer Anlage beigefügte Forderungsaufstellung verweist, auch wenn eine zutreffende Eintragung der zu vollstreckenden Forderungen in die vorgegebene Forderungsaufstellung teilweise möglich gewesen wäre.
b) Das Antragsformular bietet auf Seite 3 keine vollständige und zutreffende Eintragungsmöglichkeit, wenn der Gläubiger die Vollstreckung wegen mehrerer Kostenforderungen nebst Zinsen mit gleicher Zinshöhe, aber unterschiedlichen Zinsläufen betreibt.
c) Das Vollstreckungsgericht ist im Rahmen des streng formalisierten Zwangsvollstreckungsverfahrens nicht befugt, eine vom Gläubiger vorgenommene Verrechnung an ihn geleisteter Zahlungen auf ihre Richtigkeit gemäß § 367 Abs. 1 BGB hin zu überprüfen.

ZPO § 765a; GG Art. 2 Abs. 2 Satz 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 (Räumungsschutz) BGH, Beschluss vom 16.6.2016, I ZB 109/15

Begründet die Einstellung der für den Schuldner lebensbedrohlichen Räumungsvollstreckung eine Gefahr für Leben und Gesundheit des Gläubigers, so ist im Rahmen der Entscheidung nach § 765a ZPO das Ausmaß der jeweiligen Gefährdung zu würdigen. Ist das mit einer Zwangsräumung verbundene Gefährdungspotential für den Schuldner deutlich höher zu bewerten als die mit einem weiteren Vollstreckungsstillstand für den Gläubiger bestehenden Gesundheitsgefahren, so kommt eine befristete Einstellung der Zwangsvollstreckung in Betracht, mit der dem Schuldner auferlegt wird, durch geeignete Maßnahmen an einer Verbesserung seines Gesundheitszustands zu arbeiten.

Insolvenzrecht
InsO § 54 Nr. 2, § 64; SchVG § 7 Abs. 6, § 19 Abs. 2 (Kosten des Insolvenzverfahrens) BGH, Beschluss vom 14.7.2016, IX ZB 46/15

Vergütungen und Auslagen des gemeinsamen Vertreters für die Gläubiger von inhaltsgleichen Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen gehören nicht zu den Kosten des Insolvenzverfahrens. Sie können nicht vom Insolvenzgericht festgesetzt werden.

InsO § 55 Abs. 1 Nr. 1; InsVV § 4 Abs. 1, 2, § 8 Abs. 3 (Kosten eines Gläubigerinformationssystems) BGH, Beschluss vom 14.7.2016, IX ZB 62/15

Die Kosten für ein Gläubigerinformationssystem sind auch dann, wenn sie einem einzelnen Verfahren zuordenbar sind, nicht zusätzlich zur Vergütung des Verwalters aus der Masse aufzubringen.

Kostenrecht
ZPO §§ 91, 104 (Erstattung eines Privatgutachtens) OLG Koblenz, Beschluss vom 23.6.2016, 14 W 319/16

1. Zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig ist die Einholung eines Privatgutachtens, wenn eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die Kosten auslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte.
2. Die Notwendigkeit ist zu begründen und glaubhaft zu machen (§ 104 Abs. 2 S. 1 ZPO). Die Bezugnahme auf eine Stundenaufstellung ist dabei nicht ausreichend, wenn dort nur formelhaft Tätigkeiten aufgeführt sind, die die Notwendigkeit nicht begründen (hier: „Telefonat“, „Durchsicht Klageschrift“, „Texte erstellt“, „Schreiben“, „Ortsbesichtigung“, „Schriftverkehr“, „Durchsicht Unterlagen“, „Durchsicht BWSV“, „Text für BWSV“ usw.).
3. Zur Begründung der Notwendigkeit gehört auch, dass dargelegt wird, dass die notwendigen Erkenntnisse der Partei weder durch ein selbständiges Beweisverfahren noch durch die gerichtliche Beweisaufnahme vermittelt werden können.

RVG VV 3403 (Vergütungspflichtige Tätigkeiten während des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde) HansOLG, Beschluss vom 19.5.2016, 8 W 52/16

Beauftragt eine Partei nach Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde ihres Prozessgegners noch keinen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt, sondern bespricht das weitere Verfahren mit ihrem zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten und kommuniziert dieser mit dem Prozessgegner in Hinblick auf eine beim Bundesgerichtshof erbetene Fristverlängerung, verdient der zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte hierdurch noch keine 0,8 Verfahrensgebühr gemäß 3403 RVG VV. Vielmehr handelt es sich um Neben- und Abwicklungstätigkeiten im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 9 RVG.

GNotKG §§ 46, 81 (Bestimmung des Grundstücksverkehrswertes) OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.6.2016, I-10 W 93/16

1. Im Grundbuch eingetragene Belastungen können bei der Bestimmung des Verkehrswerts eines Grundstücks vor allem dann die Funktion als Faktor der Wertbemessung erfüllen, wenn eine Bank Gläubigerin ist.
2. Auch aus Folgegeschäften kann sich ein abweichender Verkehrswert für den maßgeblichen (früheren) Bewertungszeitpunkt ergeben, so dass die Geschäftswertfestsetzung evtl. zu ändern ist.
3. Die Mitteilung des Notars zählt nicht zu den „Angaben der Beteiligten“, anhand derer der Verkehrswert zu bestimmen ist.

GNotKG §§ 52, 81 (Geschäftswert für beschränkte persönliche Dienstbarkeit) OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.7.2016, I-10 W 112/16

1. Wird eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit mit dem Inhalt bestellt, dass ein Grundstück in einzelnen Beziehungen benutzt werden darf, so bemisst sich der Geschäftswert gemäß § 52 Abs. 1 GNotKG nach dem Wert der Dienstbarkeit für den Berechtigten.
2. Mangels anderer hinreichend zuverlässiger Anknüpfungspunkte für die Wertfeststellung kann nach dem Auffangtatbestand des § 52 Abs. 5 GNotKG der Jahreswert des Rechtes für den Begünstigten mit 5 % des Wertes des betroffenen Gegenstandes oder des Teils des betroffenen Gegenstandes fingiert werden.
3. Die Berechtigung, auf einem Grundstück „für die Dauer der örtlichen Stromversorgung“ eine Trafostation zu betreiben, ist ein Recht von unbeschränkter Dauer gem. § 52 Abs. 3 S. 1 GNotKG.

Gesetzgebungsreport

Berichtszeitraum vom 26.9.2016 – 25.10.2016

BGBl. I
Gesetz zur Änderung des Sachverständigenrechts und zur weiteren Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sowie zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes, der Verwaltungsgerichtsordnung, der Finanzgerichtsordnung und des Gerichtskostengesetzes vom 11. Oktober 2016, BGBl. I 2016 S. 2222
Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung des Menschenhandels und zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes sowie des Achten Buches Sozialgesetzbuch vom 11. Oktober 2016, BGBl. I 2016 S. 2226
BGBl. II
Bekanntmachung über das Außerkrafttreten der deutsch-luxemburgischen Vereinbarung zur weiteren Vereinfachung des Rechtshilfeverkehrs vom 25. August 2016, BGBl. II 2916 S. 1108
Bekanntmachung über den Geltungsbereich des Haager Übereinkommens über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern vom 21. September 2016 , BGBl. II 2016 S. 1199

Schrifttumshinweise

Sachen- und Grundbuchrecht

Amann, Postmortal bewirkte Grundstücksschenkungen mittels Vollmacht, MittBayNot 2016, 369
Falkner, Vorkaufsrechte im Grundstücksverkehr. Teil 1: Relevanz von Vorkaufsrechten: Bestehen, Fortbestehen, Vorkaufsfall, MittBayNot 2016, 378

Familien-, Betreuungs- und Vormundschaftsrecht

Bömelburg, Sicherstellung des Mindestunterhalts für minderjährige Kinder, (Teil 2), FF 2016, 340
Mankowski, Das Verhältnis zwischen EuErbVO und den neuen Verordnungen zum Internationalen Güterrecht, ZEV 2016, 479
Meise, Rechtswahl in vorsorgenden Eheverträgen und Scheidungsfolgenvereinbarungen – Teil 1, RNotZ 2016, 485
Weber, Die Entwicklung des Familienrechts seit Mitte 2015. Ehe- und Lebenspartnerschaftsrecht, Kindschaftsrecht, Ehewohnung, Haushaltsgegenstände, Gewaltschutz und vermögensrechtliche Beziehungen nebst Verfahrensrecht, NJW 2016, 3076

Erb- und Nachlassrecht

Joannidis/Weiß, Das Nachlassinsolvenzverfahren: Erbrecht für Insolvenzverwalter? ZInsO 2016, 1889
Isekeit/Weiß, Das Nachlassinsolvenzverfahren. Grundzüge des Insolvenzrechts für Erbrechtler, ZErb 2016, 249
Münch, Rechtsprechungsübersicht Erbrecht, FamRZ 2016, 1413
Nordmeier, Erbannahme, Erbausschlagung und ihre Anfechtung bei Nachlassspaltung nach EGBGB und EuErbVO, IPrax 2016, 439
Szalai, Nachweis des Erbrechts durch eigenhändiges Testament und andere Urkunden, NotBZ 2016, 370
Sieberichs, Die EU-Urkundenvorlageverordnung, StAZ 2016, 262
Siebert, Die Entwicklung des Erbrechts im ersten Halbjahr 2016, NJW 2016, 2927
Steiner, Einstweiliger Rechtsschutz gegen das Europäische Nachlasszeugnis? ZEV 2016, 487

Handels- und Registerrecht

Schauhoff/Kirchhain, Der wirtschaftlich tätige gemeinnützige Verein – Zur Auslegung des § 21 BGB, ZIP 2016, 1857
Wagner, Die Entwicklungen im Vereinsrecht, NZG 2016, 1046

Zivilprozess und Zwangsvollstreckung

Mroß/Fischer, Räumungsvollstreckung gegen Mit- und Nachbesitzer: Ist alles einfacher geworden? Anmerkungen aus der Rechtspraxis und -wissenschaft, DGVZ 2016, 195
Waldschmidt, Lohnpfändung spezial – Teil 1, JurBüro 2016, 451

Insolvenzrecht

Haarmeyer, Die Konkretisierung der Darlegungs- und Beweislast im Vergütungsfestsetzungsverfahren – Ein Prüfungsleitfaden für Gläubiger und (auch) für Insolvenzgerichte, ZInsO 2016, 2057
Keller, Die Vergütung des vorläufigen Sachwalters nach den Vorstellungen des BGH, NZI 2016, 753
Knees, Aus der Rechtsprechung zur Verwertung von Grundpfandrechten in der Insolvenz, ZNotP 2016, 130
Markoviæ, Auskunftsrechte im Insolvenzverfahren nach § 802l ZPO, ZInsO 2016, 1974
Rein, Versagung der Restschuldbefreiung bei Vermögensverschwendung, NJW-Spezial 2016, 661
Rugullis, Widerruf der Restschulbefreiung – Wer kann ihn beantragen? ZInsO 2016, 2072
Stamm, Zur Rechtsstellung des Insolvenzverwalters als Vertreter des Insolvenzschuldners, KTS 2016, 279

Straf-, Strafverfahrens- und Strafvollstreckungsrecht

Beukelmann, Die elektronische Akte in Strafsachen, NJW-Spezial 2016, 632
Burhoff, Die Anwaltsvergütung im bußgeldrechtlichen Verwarnungsverfahren nach den §§ 56 ff. OWiG, RVGreport 2016, 362
Burhoff, Die Rechtsprechung zur Abrechnung im Straf- und Bußgeldverfahren, insbesondere nach den Teilen 4 und 5 RVG VV, in den Jahren 2014-2016, StraFo 2016, 353
Burhoff, Rechtsprechungsübersicht zum Strafrecht – 2015/2016, ZAP Fach 22 R S. 969

Kostenrecht

Klüsener, Rechtsanwaltsvergütung im vereinfachten Verfahren auf Festsetzung des Unterhalts Minderjähriger, JurBüro 2016, 449
Schneider, H., Anwalts- und Gerichtskosten in den Fällen der Zurückverweisung, FamRB 2016, 407
Schneider, N., Einigungsgebühr in Versorgungsausgleichssachen, NZFam 2016, 934

Buchbesprechungen

Zivilprozessordnung.
Herausgegeben von Prof. Dr. Hans-Joachim Musielak und Prof. Dr. Wolfgang Voit. 13. Auflage, 2016. Verlag C. H. Beck/Franz Vahlen, München. XXXVIII, 3220 Seiten, Ln., 169,– Euro, ISBN 978-3-8006-5085-9 Dr. Markus Lamberz, Professor an der Fachhochschule für Rechtspflege NRW
Gerichtskosten nach dem GNotKG
Praxiswissen/Berechnungsbeispiele. Von Dipl.-Rechtspfleger Hagen Schneider. 2. Auflage, 2016. Nomos Verlagsgesellschaft. 498 S., brosch., 38,00 Euro, ISBN 978-3-8487-2879-4. Dipl.-Rechtspflegerin (FH) Renate Baronin von König, Berlin

© Verlag Ernst und Werner Gieseking GmbH, 2025