Heft 2/2022 (Februar 2022)

Versagung der Restschuldbefreiung, unrichtige Angaben über wirtschaftliche Verhältnisse bei Leistungsbeziehung
BGH, Beschluss vom 18.11.2021, IX ZB 1/21
Unrichtige schriftliche Angaben des Schuldners über seine wirtschaftlichen Verhältnisse in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens können auch dann zu einer Versagung der Restschuldbefreiung führen, wenn sie im Rahmen eines Vergleichsangebots erfolgen.

Vergütung eines Sonderinsolvenzverwalters, Vergleichsberechnung nach RVG
BGH, Beschluss vom 11.11.2021, IX ZB 13/21
Ist eine Vielzahl von Forderungen durch den Sonderinsolvenzverwalter zu prüfen und machen diese einen wesentlichen Bruchteil der in dem Insolvenzverfahren zu prüfenden Forderungen aus, kommt in der Regel eine Begrenzung der Vergütung auf eine solche nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz nicht in Betracht.

Wohnungseigentum bei angespannten Wohnungsmärkten, Teilungserklärung und nachträgliche Verfügungsbeschränkung
KG, Beschluss vom 16.11.2021, 1 W 347/21
1. Die Berliner Verordnung über einen Genehmigungsvorbehalt gem. § 250 Abs. 1 S. 1 BauGB für die Begründung oder Teilung von Wohnungseigentum oder Teileigentum in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten vom 3.8.2021 ist nichtig, weil zum Zeitpunkt des Inkraftretens der Verordnung am 6. 8.2021 die ­Begründung für den Erlass der Verordnung nicht allgemein ­zugänglich war. Die zum 13.8.2021 erfolgte Veröffentlichung der Begründung im Amtsblatt von Berlin führte nicht zur Heilung des Begründungsmangels.
2. § 878 BGB ist analog anwendbar auf Anträge auf Aufteilung von Gebäuden in Wohnungseigentumsrechte nach § 8 Abs. 1 WEG, wenn ein solcher Antrag vor Inkraftreten der Berliner Verordnung über einen Genehmigungsvorbehalt gem. § 250 Abs. 1 S. 1 BauGB für die Begründung oder Teilung von Wohnungseigentum oder Teileigentum in Gebieten mit angespannten ­Wohnungsmärkten (Umwandlungsverordnung nach § 250 BauGB) vom 21.9.2021, die am 7.10.2021 in Kraft getreten ist, beim Grundbuchamt eingegangen ist (Anschluss an BGH NJW 2017, 1546 [= Rpfleger 2017, 133] zur vergleichbaren Situation bei sog. Erhaltungssatzungen gem. § 172 BauGB).

Ersuchen des Versteigerungsgerichts als Grundlage der Eintragung
OLG München, Beschluss vom 4.11.2021, 34 Wx 273/21
1. Grundlage der Grundbucheintragung von durch den Zuschlag im Versteigerungsverfahren eingetretenen Rechtsänderungen ist ausschließlich das Ersuchen des Vollstreckungsgerichts, nicht auch der Zuschlagsbeschluss oder der Verteilungsplan.
2. Neben einem solchen Ersuchen des Vollstreckungsgerichts ist für einen entsprechenden Eintragungsantrag eines Beteiligten kein Raum.

Einsicht in das Grundbuch, Berechtigtes Interesse eines Miterben
OLG Saarbrücken, Beschluss vom 3.11.2021, 5 W 58/21
Beschränkt sich der Vortrag eines Miterben auf den rechtlichen Hinweis, dass zur Klärung von Ausgleichspflichten nach §§ 2055 ff. BGB ein umfassendes Einsichtsrecht in das Grundbuch auch von früheren Immobilien des Erblassers bestehe, reicht dies zur ­Darlegung eines berechtigten Interesses an der begehrten Einsicht nicht aus.

Fiskuserbrecht, Feststellung, Zuständigkeit, streitige Fälle
OLG Braunschweig, Beschluss vom 17.12.2021, 3 W 48/21
1. Für die Feststellung des Fiskuserbrechts gem. § 1964 BGB ist beim Nachlassgericht funktionell grundsätzlich der Rechtspfleger zuständig; der landesrechtliche Richtervorbehalt des § 14 Abs. 1 Satz 2, Satz 1 Nr. 4 ZustVO-Justiz umfasst das Feststellungsverfahren auch dann nicht, wenn Einwände gegen die Feststellung erhoben worden sind.
2. Eine Fiskuserbschaft kommt neben Erben dritter Ordnung nicht in Betracht; ist die ganze Linie eines Großelternpaares weggefallen, tritt gem. § 1926 Abs. 4 BGB die Linie des anderen Großelternpaares an ihre Stelle, nicht der Fiskus.
3. Ein Abvermerk der Geschäftsstelle stellt keine Aufgabe zur Post i. S. von § 15 Abs. 2 FamFG dar.

Amtslöschung im Vereinsregister
KG, Beschluss vom 24.9.2021, 22 W 50/21
Eine Löschung einer Eintragung nach § 395 Abs. 1 FamFG kommt nur dann in Betracht, wenn die hierfür erforderlichen Tatsachen ohne vernünftigen Zweifel zur Überzeugung des Gerichts feststehen. Außerhalb einer rechtlich und tatsächlich völlig eindeutigen Löschungslage kann es den Beteiligten überlassen werden eine von ihnen gleichwohl für möglich gehaltene Klärung auf dem Prozessweg herbeizuführen.

Vergütung eines anwaltlichen Zeugenbeistandes
OLG Dresden, Beschluss vom 10.12.2021, 6 Ws 42/21
Die Tätigkeit des nach § 68b Abs. 2 StPO als Zeugenbeistand beigeordneten Rechtsanwaltes ist als Einzeltätigkeit nach Nr. 4301 Ziffer 4 VV RVG zu vergüten.

Erstattungsfähigkeit der Kosten eines für einen Zivilprozess eingeleiteten Betreuungsverfahrens
OLG Saarbrücken, Beschluss vom 22.11.2021, 9 W 33/20
Die Kosten eines während eines laufenden Rechtsstreits für eine Partei eingeleiteten Betreuungsverfahrens sind grundsätzlich nicht notwendig i. S. von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Das gilt auch dann, wenn sich der Aufgabenkreis des bestellten Betreuers auf die ­Vertretung der Partei in dem konkreten Rechtsstreit beschränkt.

Jahresgebühr für Dauerbetreuung, Verfassungswidrigkeit, Trennung von Wertfestsetzungs- und Kostenansatzverfahren
LG Lübeck, Beschluss vom 14.12.2021, 7 T 299/21
1. Die Festsetzung des der Jahresgebühr Nr. 11101 KV GNotKG zugrunde zu legenden Vermögenswerts ist entsprechend § 79 GNotKG zulässig.
2. Wird im Kostenansatzverfahren die Bestimmung des maßgeblichen Wertes erforderlich, ist das Kostenansatzverfahren bis zur Entscheidung über die Wertfestsetzung auszusetzen.

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