Heft 2/2019 (Februar 2019)

Zustellung eines Europäischen Zahlungsbefehls ohne Übersetzung
EuGH (5. Kammer), Urteil vom 6.9.2018, Rs. C-21/17
1. Die Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2006 zur Einführung eines ­Euro­päischen Mahnverfahrens sowie die Verordnung (EG) Nr. 1393/ 2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.11.2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten („Zustellung von Schriftstücken“) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates sind dahin auszulegen, dass, wenn ein Europäischer Zahlungsbefehl dem Antragsgegner zugestellt wird, ohne dass der ihm beigefügte Antrag auf Erlass eines Zahlungsbefehls in einer Sprache abgefasst wurde, von der anzunehmen ist, dass er sie versteht, oder ihm eine Übersetzung in einer solchen Sprache beigefügt wurde, wie es Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1393/2007 verlangt, der Antragsgegner ordnungsgemäß mittels des Formblatts in Anhang II dieser Verordnung von seinem Recht in Kenntnis gesetzt werden muss, die Annahme des in Rede stehenden Schriftstücks zu verweigern.
2. Im Fall der Nichtbeachtung dieser Förmlichkeit ist das Verfahren gemäß den Bestimmungen der letztgenannten Verordnung dadurch zu berichtigen, dass dem Betroffenen das Formblatt in Anhang II dieser Verordnung übermittelt wird.
3. In diesem Fall wird wegen des Verfahrensfehlers, der die Zustellung des Europäischen Zahlungsbefehls zusammen mit dem Antrag auf dessen Erlass beeinträchtigt, dieser Zahlungsbefehl nicht vollstreckbar und beginnt die Einspruchsfrist für den Antragsgegner nicht zu laufen, so dass Art. 20 der Verordnung Nr. 1896/2006 keine Anwendung finden kann.
 
Außergerichtliche Kosten im Ablehnungs­verfahren)
BGH, Beschluss vom 7.11.2018, IV ZB 13/18
Die außergerichtlichen Kosten der Gegenpartei des erfolglosen Beschwerdeführers im Verfahren über die Ablehnung eines Sachverständigen gemäß § 406 ZPO gehören zu den erstattungsfähigen notwendigen Kosten des Rechtsstreits im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO.
 
Anhörung im Beschwerdeverfahren; Einheitsentscheidung
BGH, Beschluss vom 10.10.2018, XII ZB 230/18
a) Zieht das Beschwerdegericht in einer Betreuungssache für seine Entscheidung eine neue Tatsachengrundlage heran, die nach der amtsgerichtlichen Entscheidung datiert, gebietet dies eine ­erneute persönliche Anhörung des Betroffenen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 15.8.2018 – XII ZB 10/18 – juris).
b) Ordnet das Landgericht im Beschwerdeverfahren eine Betreuung an, hat es im Wege der Einheitsentscheidung zugleich auch den Betreuer zu bestimmen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 30.8.2017 – XII ZB 16/17, FamRZ 2017, 1866 [= Rpfleger 2018,19]).
 
Unterzeichnung des Protokolls durch einen werdenden Wohnungseigentümer
KG, Beschluss vom 11.9.2018, 1 W 233/18
Die Nachweiserleichterung der § 26 Abs. 3, § 24 Abs. 6 S. 2 WEG gilt entsprechend, wenn die Beschlussniederschrift von einem werdenden Wohnungseigentümer unterzeichnet worden ist. Im Grundbuchverfahren muss dabei nicht nachgewiesen werden, dass die Wohnung dem werdenden Wohnungseigentümer bereits übergeben worden ist.
 
Auslegung einer gegenseitigen Erbeinsetzung
OLG München, Beschluss vom 13.8.2018, 31 Wx 49/17
1. Zur Auslegung der von den Ehegatten – neben ihrer letztwilligen Verfügung der gegenseitigen Einsetzung als Alleinerben – verwendeten Klausel „Bei einem gemeinsamen Tode z.B. Unfall fällt der gesamte Nachlass an unsere Nichte …“.
2. Eine solche Formulierung kann im Einzelfall auch die Auslegung ergeben, dass die Ehegatten nicht nur den Fall des gleichzeitigen Todes geregelt wissen wollten, sondern auch ein zeitliches Nacheinanderversterben unter der Voraussetzung, dass der überlebende Ehegatte nach dem Tod des Vorversterbens nicht mehr in der Lage ist, eine (weitere) letztwillige Verfügung von Todes wegen zu errichten.
3. An die Feststellung, dass der überlebende Ehegatte nach dem Tod des erstversterbenden nicht mehr in der Lage war, selbst zu tes­tieren, sind strenge Anforderungen zu stellen.
4. Für die Bejahung einer Verhinderung des überlebenden Ehegatten an einer Testierung genügt es nicht auf abstrakt-generelle Kriterien (z.B. „Länge des Zeitraums, der zwischen den Todeszeitpunkten liegt, Trauerphase, organisatorischer Aufwand, Länge der Ehe, gesundheitliche Situation und das Alter des überlebenden Ehegatten) abzustellen. Vielmehr bedarf es deren Feststellung in ihrer konkreten Ausprägung im jeweiligen Einzelfall.
5. Den Antrag auf Zurückverweisung an das Ausgangsgericht wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels kann auch ein Beteiligter stellen, der durch die Entscheidung des Ausgangsgerichts nicht beschwert ist.
 
Aufgaben des Nachtragsliquidators
KG, Beschluss vom 31.8.2018, 22 W 33/15
1. Hat das Registergericht für eine gelöschte GmbH für nach deren Löschung aufgefundenes Vermögen einen Nachtragsliquidator bestellt und dessen Wirkungskreis auf diese Vermögenswerte beschränkt, gehört zu seinen Aufgaben nicht, die gelöschte GmbH als werbende Gesellschaft wiederaufleben zu lassen.
2. Eine nach § 60 Abs. 1 Nr. 7 GmbHG im Handelsregister als vermögenslos gelöschte GmbH ist ausnahmslos nicht fortsetzungsfähig.
3. Zwar kommt ein Antrag auf Wiedereintragung einer nach § 141a FGG wegen Vermögenslosigkeit gelöschten GmbH als ­Löschungsvorgang im Sinne des § 395 FamFG in Betracht. Eine Wiedereintragung kann nur dann erfolgen, wenn die ursprüng­liche Löschung wegen Vermögenslosigkeit wegen Mangels einer wesentlichen Voraussetzung unzulässig war.

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