Heft 12/2013 (Dezember 2013)

Vorschau
Michaela Gäullein: Sicherheitsleistung und Meistbargebot – nichts für bare Münze!
Walter Zimmermann: § 1846 BGB im Nachlassverfahren
Steffen Kögel: Was bedeutet „ordnungsgemäße“ Sitzverlegung bei der GmbH?
 
Aufrechnung gegen Anspruch aus KfB
BGH, Versäumnisurteil vom 18.7.2013, VII ZR 241/12
1. Die Zwangsvollstreckung einer Forderung ist unzulässig, wenn der Schuldner dieser Forderung mit einem prozessualen Kostenerstattungsanspruch aufgerechnet hat, der in einem rechts­kräftig abgeschlossenen Kostenfestsetzungsverfahren betragsmäßig festgesetzt worden ist (im Anschluss an BGH, Urteil vom 8. Januar 1976 – III ZR 146/73, JR 1976, 332).
2. Dies gilt auch für den Fall, dass die Kostengrundentscheidung in einem gegen Sicherheitsleistung vollstreckbaren Urteil ergangen und die Sicherheitsleistung von dem Aufrechnenden nicht erbracht worden ist.
 
Einstellung der Zwangsvollstreckung
BGH, Beschluss vom 1.8.2013, VII ZB 1/13
a) Wird in einer Familienstreitsache ein Versäumnisbeschluss, in dem die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung angeordnet wurde, nach Einspruch des Schuldners aufgehoben, ist die Zwangsvollstreckung gemäß § 775 Nr. 1 ZPO einzustellen, ohne dass es in dem aufhebenden Beschluss einer Anordnung der sofortigen Wirksamkeit bedarf.
b) Wird in einer Familienstreitsache ein Versäumnisbeschluss, in dem die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung angeordnet wurde, nach Einspruch des Schuldners aufrecht erhalten und ­diese Entscheidung nicht für sofort wirksam erklärt, ist die Zwangsvollstreckung gemäß § 775 Nr. 1 ZPO einzustellen.
 
Pfändbarkeit des Eigengeldes eines Straf­gefangenen
BGH, Beschluss vom 20.6.2013, IX ZB 50/12
Das Eigengeld, das durch Gutschriften von Arbeitsentgelt gebildet wird, welches der arbeitspflichtige Strafgefangene für die Ausübung der ihm zugewiesenen Arbeit erhält, ist pfändbar; die Pfändungsgrenzen der §§ 850c, 850f, 850k ZPO finden keine Anwendung (Anschluss an BGHZ 160, 112).
 
Verzicht auf weitere Gebührenforderung
BGH, Urteil vom 4.7.2013, IX ZR 306/12
Beantragt der Rechtsanwalt gegen seinen Mandanten, nachdem er diesem höhere Rahmengebühren in Rechnung gestellt hat, die Festsetzung der Mindestgebühren, verzichtet er damit auf die weitere Gebührenforderung.
 
Ausschluss des Eigentümers
Brandenbg. OLG, Beschluss vom 22.7.2013, 6 W 189/12
1. Auch der im Grundbuch eingetragene verstorbene Mit­eigen­tümer eines Grundstücks kann im Wege des Aufgebots­verfahrens mit seinem Recht ausgeschlossen werden, wenn das Grundstück seit 30 Jahren im Eigenbesitz eines anderen ist. Der mittelbare Besitzer kann Eigenbesitzer sein, wenn er den Willen hat, die Sache wie ein Eigentümer zu besitzen, und wenn er die tatsächliche Sachherrschaft innehat.
2. Der mittelbare Besitz an einem in der ehemaligen DDR be­­legenen Grundstück endete mit der Anordnung der staatlichen Ver­­waltung, da nicht angenommen werden kann, dass der staatliche Ver­walter als eine Art Treuhänder die Sachherrschaft über ein Grundstück dem nach Westdeutschland übergesiedelten Eigen­tü­mer vermitteln will. Dem in der Bundesrepublik ansässigen ­Eigen­tümer stand auch kein für die Annahme von Eigenbesitz erforder­licher Herausgabeanspruch gegen den staatlichen Verwalter zu.
3. Eigenbesitz an einem in der ehemaligen DDR belegenen und unter staatlicher Verwaltung stehenden Grundstück kann frühestens mit dem Funktionswandel der staatlichen Verwaltung infolge der Gemeinsamen Erklärung der deutschen Regierungen zur Regelung offener Vermögensfragen vom 15.6.1990 ab dem 1.7.1990 bzw. mit dem Ablauf der staatlichen Verwaltung zum 31.12.1992 in Betracht kommen (Anschluss an BGHZ 140, 355).
 
Anordnung der Kostenerstattung
OLG Düsseldorf,  Beschluss vom  23.7.2013, I-3 Wx 97/12
1. Die vom Amtsgericht getroffene Ermessensentscheidung bezüglich der Verfahrenskosten unterliegt nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Beschwerdegericht, die sich grundsätzlich auf die Frage beschränkt, ob das erstinstanzliche Gericht von dem ihm eingeräumten Ermessen fehlerfrei (d.h. kein Ermessensnichtgebrauch, Ermessensfehlgebrauch und keine Ermessensüberschreitung) Gebrauch gemacht hat.
2. Nur im Falle eines derartigen Ermessensfehlers ist das Beschwerdegericht berechtigt, sein eigenes Ermessen an die Stelle des Ermessens des erstinstanzlichen Gerichts zu setzen.
3. § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG knüpft die Anordnung der Kos­tenerstattung an das Ergebnis einer Abwägung, das nach den Umständen des Einzelfalles die Kostentragung durch einen bestimmten Beteiligten als billig erscheinen lässt; um einem Beteiligten die Kosten auferlegen zu können, ist es hingegen nicht erforderlich, dass Umstände vorliegen, die nach Art und Bedeutung den Regelbeispielen des § 81 Abs. 2 FamFG gleichkommen.
4. In Antragsverfahren (hier: Gesuch des Testamentsvollstre­ckers um Rückgabe der Vollmachtsurkunde nach Kraftloserklä­rung einer vom Erblasser erteilten transmortalen Vollmacht)  kann Kriterium der Billigkeit das Maß des Antragserfolges, die Verfahrensführung, das Vorbringen unwahrer Behauptungen, die Erkennbarkeit der Aussichtslosigkeit einer Einwendung von Anfang an sowie die schuldhafte Veranlassung des Verfahrens sein.
 
Vergütung des Berufsnachlasspflegers
Schl.-Holst. OLG, Beschluss vom 27.6.2013, 3 Wx 5/13
1. Die Heranziehung einer Tabelle von Stundensätzen für den Berufsnachlasspfleger – gestaffelt nach Ausbildungsstufe einerseits und verschiedenen Abwicklungsschwierigkeitsgraden andererseits – ist im Interesse der Rechtssicherheit und Handhabbarkeit nicht zu beanstanden, muss aber im Rahmen der Ermessensentscheidung des Tatsachengerichts einer Überprüfung an den Besonderheiten des Einzelfalles unterzogen werden.
2. Ist ein Rechtsanwalt als Nachlasspfleger tätig, gibt es keinen zusätzlichen Ansatz für Stunden seiner Mitarbeiter. Gerade deshalb ist es erforderlich, den Stundensatz für die reine Tätigkeit des anwaltlichen Nachlasspflegers so hoch anzusetzen, dass er jedenfalls kostendeckend arbeiten kann, nämlich der übliche Büroaufwand in diesem Stundensatz mit abgedeckt ist.
3. Entscheidet sich ein anwaltlicher Berufsnachlasspfleger abweichend von der üblichen Kanzleiorganisation dafür, seine Kanzlei ohne Personal zu betreiben, und nimmt er deshalb selbst auch alle Büroarbeiten mit der Folge vor, dass ein deutlich höherer Zeitaufwand für seine Tätigkeiten entsteht, muss ein entsprechend geringerer Stundensatz angesetzt werden.
 
 
 

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